Nachrichten auf den Sendern Pro Sieben, Kabel 1 oder Sat 1 kommen derzeit noch von Axel Springer aus Berlin. Doch das soll sich jetzt ändern. Künftig will Pro Sieben Sat 1 wieder selbst Nachrichten produzieren, kündigte das Unternehmen nun an. Ein wichtiger Grund ist, dass sich das Programm damit stärker von Streaming-Anbietern wie Netflix unterscheiden würde, die Sender sollen wieder mehr eigenes Profil erhalten. Gleichzeitig nimmt in der Corona-Pandemie die Bedeutung von Nachrichten deutlich zu. Man sei sich "der hohen gesellschaftspolitischen Verantwortung bewusst" und bereit, diese wahrzunehmen, teilte der neue Pro-Sieben-Sat 1-Programmvorstand Wolfgang Link mit.
Die Konzerntochter Seven One Entertainment erweitere ihre eigenen Produktionsaktivitäten, so das Unternehmen. Dazu werde am Hauptstandort in Unterföhring eine zentrale Nachrichtenredaktion mit rund 60 Mitarbeitern aufgebaut. Auf dem neuen, im Bau befindlichen Firmensitz werde ein hochmoderner Newsroom inklusive Studio entstehen. In Berlin sei darüber hinaus ein Hauptstadtbüro geplant. Von 2023 an sollen dann die Sender Pro Sieben, Sat 1 und Kabel 1 über alle Plattformen wieder mit selbst produzierten Nachrichten beliefert werden.
Damit macht Rainer Beaujean, seit Frühjahr Vorstandssprecher der Pro Sieben Sat 1 Media, Ernst mit der angekündigten Strategiewende. Das Unternehmen will sich wieder mehr auf Inhalte und Unterhaltung konzentrieren. Erst vor wenigen Monaten hatte Pro Sieben eine Doku mit dem Titel Rechts. Deutsch. Radikal von Thilo Mischke ausgestrahlt und damit viel Aufsehen erregt, unter anderem gab es Rücktritte bei der AfD. "Eine hochwertige und unabhängige News-Berichterstattung ist in einer immer komplexer werdenden Welt mit auf Algorithmen basierten Informationsflüssen wichtiger denn je", teilte Henrik Pabst, Geschäftsführer der Seven One Entertainment, mit.
Der einstige Konzernboss Ebeling hatte Nachrichten der Sendergruppe ausgelagert. Derzeit kommen sie von Springer
Ursprünglich war die Fernsehgruppe mal groß im Nachrichtengeschäft, unter anderem mit dem eigenen 24-Stunden-Nachrichtensender N 24, der im Jahr 2000 gegründet wurde. Thomas Ebeling, der langjährige Vorstandschef von Pro Sieben Sat 1, hatte sich dann aber, unter anderem aus Kostengründen, von diesen Aktivitäten getrennt. "Nachrichten sind vielleicht für das Image bei Politikern wichtig, aber nicht unbedingt bei allen Zuschauern", sagte Ebeling damals der SZ. Der Durchschnittszuschauer werde "nicht verzweifeln", wenn es keine eigenen News-Sendungen mehr gebe. Die Verluste mit Nachrichten bezifferte er immer mit etwa 50 Millionen Euro im Jahr. N 24 und alle News-Aktivitäten wurden 2010 verkauft, zunächst an das Management. Inzwischen firmiert N 24 unter dem Namen Welt und gehört zum Springer-Konzern, der nun bislang als Auftragsproduzent fungiert. Von dort werden derzeit die Nachrichten für die Konzernsender bezogen.
In Österreich hatte Pro Sieben Sat 1 im vergangenen Jahr bereits mit Puls 24 einen reinen Nachrichtensender aufgebaut, der Erfolg hat. Der inzwischen ausgeschiedene Vorstand Conrad Albert hatte sich immer wieder für eigene Nachrichten bei Pro Sieben Sat 1 starkgemacht. "Wichtig ist der Ausbau unserer Kompetenz bei Information und Aktualität", hatte er noch im März betont, dann schied er aber im Streit mit dem damaligen Konzernchef Max Conze aus. Pro Sieben Sat 1 hatte in diesem Jahr finanziell unter der Pandemie zu leiden, insbesondere weil die Werbeausgaben zeitweise deutlich zurückgingen.