Süddeutsche Zeitung

Fernsehen:Geh nicht

Jahrelang war Senta Berger in "Unter Verdacht" die Kriminalrätin Dr. Prohacek. Nun feiert sie Abschied.

Von Hans Hoff

Am Ende spielt Hauptkommissar André Langner auf einer Kirchenorgel, auf einer Bank sitzt seine Kollegin, Kriminalrätin Dr. Eva Maria Prohacek. Einmal verspielt sich Langner, da räuspert sie sich. Er schaut hinunter und sieht, wie sie geht. Endgültig. Danach findet er auf ihrem Platz einen Zettel. Wenigstens bisschen Hoffnung.

So endet die 30. Folge der Reihe Unter Verdacht, so endet auch die Laufbahn jener Frau, die in den vergangenen 17 Jahren den Amigos in Bayern die Stirn geboten hat, weil diese Frau der Frage, was man im Fall völliger Hoffnungslosigkeit tun soll, meist ein unbestechliches "Weitermachen" entgegengesetzt hat.

Es ist der letzte Fall für die Prohacek, gespielt von Senta Berger. Zur Hälfte des Films wird sie feierlich verabschiedet, aber da ist sie immer noch mittendrin in ihrem Fall, den sie nicht loslassen mag, weil sie spürt, dass da noch etwas unerledigt ist. Das Gefühl kommt nicht von ungefähr, die Folge "Evas letzter Gang" setzt da an, wo Prohacek 2002 gestartet ist.

Damals musste sie den Fall einer verbrannten Frau aufklären, aber sie hat das nur so mittelgut hinbekommen, hat sich zu früh abspeisen lassen von jenen in ihrer Behörde, die ein Interesse daran hatten, dass nicht alles ans Tageslicht kommt. Die beiden Kinder der Toten aber sind drangeblieben. Insbesondere die Tochter, die nun Polizistin ist. Sie setzt alles daran, die wahren Täter ausfindig zu machen - und auch die Prohacek wieder auf die Spur.

Für die erste Unter Verdacht-Folge erhielt die Reihe gleich einen Grimme-Preis, und es würde nicht verwundern, wenn auch die letzte mindestens eine Nominierung einheimsen würde. Was die Autoren Stefan Holtz und Florian Iwersen mit Regisseur Andreas Herzog zum Finale entworfen haben, glänzt im deutschen Krimi-Allerlei wie ein Diamant.

Das hat zu tun mit der exzellenten Führung der Geschichte, die immer neue Wendungen nimmt, ohne das Publikum zu überfordern. Der Regisseur hält den Spannungsfaden souverän in der Hand und zieht mit Kalkül daran oder lässt locker. Dieser Film ist hochspannend, weil das Grundgerüst und die Details stimmen. Da sind die präzisen Dialoge und eine beeindruckende Filmmusik (Sebastian Pille). Da sind wunderbar komponierte Bilder (Kamera: Wolfgang Aichholzer), und da sind Hauptfiguren, denen man der Komplimente gar nicht genug zu Füßen legen kann. Dem Hauptkommissar André Langner, diesem bodenständigen Beamten, gibt Rudolf Krause eine tolle Mischung mit aus ungelenkem Körpereinsatz und beinahe starrem Gesicht, das so ernst wirkt, dass es schon wieder komisch ist.

Und natürlich die große Senta Berger. Die muss man eigentlich nicht mehr loben für ihr Werk, ihr Spiel, ihre immer noch schüchtern wirkende Eleganz, aber wenn man sieht, wie sie die Prohacek anlegt, wie sie mit einem Blick mehr sagt als andere Schauspieler in einem ganzen 90-Minüter, dann möchte man ihr einen innigen Wunsch übermitteln. Geh nicht, lautet der. Aber sie geht am Ende doch. Nur ein bisschen Hoffnung bleibt.

Unter Verdacht - Evas letzter Gang, ZDF, Samstag, 28.3., 20.15 Uhr.

Dieser Text wurde erstmals publiziert zur Erstausstrahlung des Films im ZDF.

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Quelle:
SZ vom 25.10.2019
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