Süddeutsche Zeitung

Öffentlich-Rechtliche:Vor allem Bildung

Die FDP präsentiert Reformideen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

Von Aurelie von Blazekovic

Krisen, egal welche, laufen in ähnlichen Phasen ab. Erst ein Schock, dann das Nicht-Wahrhaben-Wollen, dann die Suche nach Lösungen, und irgendwann die Neuorientierung in eine, hoffentlich, bessere Zukunft. Bei den Öffentlich-Rechtlichen läuft nichts, es kriecht eher. Das System ist sehr, sehr kompliziert aufgebaut, föderal, viele Hierarchieebenen, vielstimmig. Bei RBB und NDR müssen Probleme von Filz, Vorteilsnahme, politischer Einflussnahme und Vetternwirtschaft sortiert und künftig vermieden werden. Und Tom Buhrow, derzeit wieder an der Spitze der ARD, ist allem Anschein nach noch in der Phase des Nicht-Wahrhaben-Wollens. Für ihn gibt es Einzel-Problemfälle, aber keine tiefergehende Krise.

Die FDP hingegen sieht das anders. "Wir nehmen wahr, dass sehr viele Menschen Anteil nehmen an der Diskussion um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk," sagte Bundesfinanzminister Christian Lindner am Montag. Mit FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai trug er am Montag fünf Vorschläge für einen "modernen, leistungsfähigen und transparenten" öffentlich-rechtlichen Rundfunk vor, die das Präsidium der Partei zuvor beschlossen hatte.

Großes Potenzial für Kosteneinsparungen sehe man in "Kooperationen" zwischen Sendern

Es gehe der FDP ausdrücklich nicht darum, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk infrage zu stellen, hieß es bei der Pressekonferenz. Lindner sagte: "Anders als etwa in Frankreich, wo der Rundfunkbeitrag vom Staat ausgesetzt worden ist, sind wir nicht der Auffassung, dass generell das Programmangebot der Öffentlich-Rechtlichen entbehrlich wäre. Ganz im Gegenteil." Gerade in Zeiten der Inflation, müsse man alles tun, damit sie "schlanker" werden und fairer Wettbewerb gegenüber privaten Medien erhalten bleibe.

Die FDP will nun, dass sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk auf seinen Bildungs- und Informationsauftrag konzentriert: Nachrichten, Kultur und Dokumentationen seien so wichtig wie eine politisch neutrale und regional differenzierte Berichterstattung. Unterhaltung und Sport hätten nachrangig auch Platz, allerdings sollen sich die Öffentlich-Rechtlichen etwa nicht mehr an "Überbietungswettbewerben" um die Übertragungsrechte für Sportevents beteiligen.

Zweitens, das forderte schon Markus Söder, solle die Erhöhung des Rundfunkbeitrags ausgesetzt werden. Großes Potenzial für Kosteneinsparungen sehe man in nicht näher erläuterten "Kooperationen zwischen Sendern". An der KEF, der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten, die den Finanzbedarf der Öffentlich-Rechtlichen ermittelt, wolle man festhalten. Drittens regten die FDPler erneut eine Selbstverpflichtung zur Gehaltsdeckelung für das öffentlich-rechtliche Spitzenpersonal an. "Kein Intendant sollte mehr verdienen als der Bundeskanzler." Die Sender sollen sich an den Gehaltsstufen der oberen Bundesbehörden orientieren.

Viertens müsse die Kontrolle der Öffentlich-Rechtlichen deutlich gestärkt werden. "Da nach der Verfassung all das, was beauftragt ist, zu finanzieren ist, darf über die Ausweitung des Funktionsauftrages nicht allein der Rundfunkrat entscheiden", heißt es im Beschluss. Und fünftens sollen die Verwaltungsstrukturen der Sender effizienter gestaltet werden. Bereits diskutierte Ideen wie die Zusammenarbeit der Verwaltungen des Saarländischen (SR) und des Südwestrundfunks (SWR) sollen wiederaufgenommen werden.

Zuvor hatten auch die Union und Medienkommission der SPD Vorschläge zur Reform der Öffentlich-Rechtlichen vorgetragen. Mehr Transparenz, bessere Kontrolle und die Vermeidung von Doppelstrukturen wollen alle Parteien. Eine Abschaffung der Gebühren zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks forderte nur die AfD im Bundestag.

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