"FC Bayern - Behind the Legend" auf Amazon Prime:Verlängerung

Szene aus "FC Bayern - Behind The Legend"

Hurrah! Die Kameras der Doku-Serie "FC Bayern - Behind the Legend" durften überall hin. Wo der Verein sie haben wollte.

(Foto: Amazon Pime)

Eine Doku folgt dem FC Bayern bis in die Kältekammer. Das ist alles ziemlich glattpoliert. Aber es gibt Momente, in denen im Kleinen die große Geschichte erzählt wird.

Von Benedikt Warmbrunn

Manchmal, sagt Oliver Kahn gleich in den ersten Minuten der Doku "FC Bayern - Behind the Legend", sei der Fußballgott "ein Sadist". Der Vorstandschef des FC Bayern denkt dabei an verlorene Champions-League-Endspiele des Klubs, die entsprechenden Bilder laufen in der Doku zu Kahns Worten mit. 1:2 in der Nachspielzeit 1999 gegen Manchester United. Die Niederlage im Elfmeterschießen gegen den FC Chelsea im Finale Dahoam 2012. Momente, die sich eingebrannt haben in das Gedächtnis eines jeden Fußball-Fans. Manchmal ist aber auch der Fußballdokugott ein Sadist.

Der Fußballdokugott scheint sich nämlich zufrieden zu geben mit glattpolierter Scheinnähe, und davon bekommt er dann gar nicht genug. Das war schon in den Dokumentationen über Manchester City ("All or Nothing") oder Borussia Dortmund ("Inside Borussia Dortmund") so, und das wiederholt sich nun auch in diesem Film über den deutschen Rekordmeister; alle drei Serien wurden produziert für Amazon Prime.

Die Regisseure Simon Verhoeven und Nepomuk V. Fischer berauschen sich in ihrer Langzeitbeobachtung über die Münchner manchmal daran, wie nah sie den Bayern kommen. Dann folgt die Kamera dem Verteidiger David Alaba auf dem Weg über das Vereinsgelände, sie zeigt Oliver Kahn, wie er einen Torpfosten streichelt, sie filmt in den Rachen von Torwart Manuel Neuer beim Corona-Test. Oder sie begleitet Kahn und andere aus der Führungsebene in auffallend aufgeräumte Büros, wo diese dann auffallend gut sortierte Sätze sprechen dürfen, die sofort wieder vergessen sind angesichts der nächsten Aufnahmen.

Diese Nähe ist zunächst nicht schlecht, auch wenn sie erkennbar einen Preis hat: Ernsthaft kritisch wird es nicht. Aber das scheint der Deal gewesen zu sein, um an Orten filmen zu dürfen, zu denen sonst kein Fan und auch kein Journalist Zugang hat: bei der Lagebesprechung auf der Vorstandsebene, bei der Taktik-Schulung vor einem Champions-League-Spiel, immer wieder auch nach dem Abpfiff in der Kabine oder in der Halbzeit einer Partie. Außerdem empfangen gleich mehrere Spieler das Kamera-Team zu Hause, Robert Lewandowski gar an dem Abend, an dem er zum Weltfußballer gewählt wird. Doch diese Nähe allein erzählt noch nichts. Sie lenkt gelegentlich sogar ab.

Kaum wird es spannend, schweifen die Regisseure ab

Verhoeven und Fischer begleiten den Verein in einer ungewöhnlichen Phase. Einerseits sind sie in den sportlich erfolgreichsten Monaten der Klubgeschichte dabei, beim Champions-League-Triumph 2020 in Lissabon, beim Erfolg bei der Klub-WM im Frühjahr 2021 in Doha. Andererseits verfolgen sie den FC Bayern in ungewohnt unruhigen Zeiten, in denen Trainer Hansi Flick und Sportvorstand Hasan Salihamidzic irgendwann die gemeinsame Basis für die weitere Arbeit fehlt. Die beiden Regisseure kommen dem Erfolg und auch dem Konflikt erstaunlich nahe, aber kaum wird es spannend, schweifen sie ab.

FC Bayern Behind The Legend

Dranbleiben: Was erfährt man, wenn man Manuel Neuer durch alle Gänge folgt?

(Foto: Amazon Prime)

Dann folgen sie Spielern auf dem Weg in die Kältekammer. Oder die Protagonisten reden minutenlang über Altbekanntes, über die Tränen des schon in jungen Jahren irrsinnig ehrgeizigen Joshua Kimmich, darüber, dass der dauerredende Thomas Müller unfassbar lustig, aber auch unfassbar nervig sein kann. Oder dass der Verein all die Erfolge nur feiern konnte, weil er in den Siebzigerjahren neu ausgerichtet wurde von einem gewissen Uli Hoeneß (schon mal gehört?). Oft springt die Erzählung dann zu sehr zwischen den Themen, es wird wirr. Und so beraubt sich die Serie ihrer eigenen Stärke.

Verhoeven und Fischer fangen auch viele dieser Momente ein, die im Kleinen die ganz große Geschichte erzählen. Wenn Hansi Flick in der Kabine mit den Worten und auch der Fassung ringt, als er den Spielern verkündet, dass er aufhören wird (und Salihamidzic, die Krawatte locker um den Hals gebunden, eine Schnute zieht). Oder wenn Kimmich, Lewandowski und Leroy Sané nach einem Sieg darüber reden, warum es so beschwerlich war (Lewandowski fordert dabei auch mal mehr "pick, pick"). Diesen Dialog schaut sich Uli Hoeneß auf dem Tablet an, er sagt: "Schöne Szene." So schlicht, so frei von Pathos und Opulenz. Und doch kommt der Zuschauer dem Klub und seinen Protagonisten auf einmal wirklich nahe.

Ein Fußballspiel, heißt es, dauert 90 Minuten. Eine gute Fußballdoku braucht auch nicht unbedingt mehr.

"FC Bayern - Behind the Legend", Amazon Prime Video, sechs Folgen.

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