ZDF-Serie "Kanzlei Berger":Familiengericht

Kanzlei Berger

Caro (Eva-Maria Reichert) und Niki (Nele Kiper) sind Anwältinnen. Mehr haben sie kaum gemeinsam.

(Foto: Hannes Magerstaedt/ZDF)

In der "Kanzlei Berger" finden die Frauen einer Juristenfamilie zum Team zusammen. Das kann noch besser werden.

Von Oliver Hochkeppel

Sie sind Schwestern und beide, der Familientradition folgend, Rechtsanwältinnen geworden. Damit freilich enden die Gemeinsamkeiten von Caro (Eva-Maria Reichert) und Niki (Nele Kiper) Berger. Die eine ist blond, die andere dunkelhaarig. Die eine hilft in der Kanzlei des Vaters im ländlichen Landsberg mit, die andere fährt in einer Star-Kanzlei in München die Ellbogen aus. Die eine führt eine Multikulti-Ehe mit dem örtlichen Musikkneipen-Betreiber und umsorgt ihre kleine Tochter, die andere ist knallharte Single-Businessfrau, lebt betont promiskuitiv und macht Kerlen nach dem dritten Gin Tonic schon mal Ansagen wie: "Ich boxe, verdiene sechsstellig und bestimme im Bett."

So sieht das also aus, wenn das ZDF Frauen als Serienheldinnen etabliert: holzschnittartig. Klar, das soll hier Spannung aufbauen, wenn sich die zwei nun zusammenraufen müssen, um die Kanzlei des Vaters (Robert Giggenbach) am Laufen zu halten, nachdem der mitten im Gerichtssaal mit einem Herzinfarkt umgekippt ist. Weil aber auch das restliche Personal zunächst vollkommen blass bleibt, klappt das nicht so recht. Kanzleiangestellte und Klienten haben nur ein paar Sätze. Die Rolle des Patriarchen beschränkt sich auf den typischen Part des arbeitswütigen Krankenhaushassers. Die Mutter (ein Wiedersehen mit der völlig gegen ihren Typ besetzten Sissi Perlinger nach 15 Jahren Fernsehabstinenz) schaut vor allem bekümmert. Und der erste Fall, ein arg konstruiertes, ausplätscherndes Umgangsrechtsdrama, scheint die Autoren bei der Figurenentwicklung eher gestört zu haben.

Die Brüche im Klischee-Kosmos sind in der Pilotfolge schon angelegt

Da sehnt man sich fast schon nach dem Liebling Kreuzberg eines Manfred Krug zurück, der mit Berliner Schnauze, Wackelpudding mampfend und Fahrrad fahrend die Juristenklischees anging. Oder nach der Praxis und Kunst amerikanischer Rechtsanwaltsserien, die für ihre Pilotfolgen die stärksten Plots auswählen und selbst noch die eindimensionalsten Figuren nie dem Fremdschämen des Publikums aussetzen. Immerhin, die Brüche im Berger'schen Klischee-Kosmos sind schon angelegt - die toughe Tochter wird bald ihren Top-Job verlieren und ihr Herz entdecken, die Mutter wenigstens sanft mit ihrer unscheinbaren Hausfrauenrolle brechen, um - ausgerechnet - Maklerin zu werden. Bis das durchschlägt, braucht der Zuschauer allerdings Geduld. Die bringt ein Serienpublikum eher selten und ungern auf.

Kanzlei Berger, ZDF, mittwochs, 19.25 Uhr.

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