Vor noch nicht einmal einem Jahr trat Christian Wulff vom Amt des Bundespräsidenten zurück. Nun ist auch seine Ehe am Ende. In der Zwischenzeit gab es fiese Gerüchte gegen Noch-Ehefrau Bettina, Streitereien um die Höhe des präsidialen Ehrensolds und Buchprojekte beider Ehepartner. Immer ganz vorn dabei bei Aufstieg und Fall der Wulffs: die Bild-Zeitung. Stationen einer Dreiecksbeziehung.
"Eine Liebe wie aus dem Roman"
Als der niedersächsische Ministerpräsident die PR-Referentin Bettina Körner 2007 als neue Frau an seiner Seite vorstellt, soll diese Beziehung bald zum Vorbild für den Rest der Republik werden. Zumindest, wenn es nach der Bild-Zeitung geht. Als "Liebe wie aus dem Roman" bezeichnet das Blatt die Liaison, aus der im darauffolgenden Jahr eine Ehe mitsamt Nachwuchs hervorgeht. Die Verbindung eines katholischen, schon einmal verheirateten Ministerpräsidenten zu einer jüngeren Frau könnte eigentlich nach Bild-Maßstäben auf ganz andere Art ausgeschlachtet werden.
Allein: Den Wulffs ist die Bild zu diesem Zeitpunkt noch gewogen, weshalb die Berichterstattung des Blattes über das Politiker-Ehepaar bald zu einer Reklame-Dauerschleife von, wie Stefan Niggemeier es im Spiegel nennt, "bemerkenswerter Plumpheit" ausartet. In diversen Home-Stories kürt Bild Christian Wulff zum Vorzeige-Saubermann, seiner Frau spricht es bald den Rang einer "Stil-Ikone" zu. Die sich entspinnende Dreiecksbeziehung ist zu diesem Zeitpunkt für alle Beteiligten von Vorteil: Schöne Bild-Geschichten steigern theoretisch Wulffs Beliebtheit, wovon er wiederum politisch profitieren kann. Als der Niedersachse 2010 Bundespräsident wird, veröffentlicht Bild natürlich seine erste Rede im neuen Amt im Wortlaut. Seinen Aufstieg verdankt Wulff sicherlich nicht nur, aber auch der umtriebigen Berichterstattung des Boulevardblattes.
Die Kreditaffäre
"Wer mit der Bild-Zeitung im Aufzug nach oben fährt, der fährt auch mit ihr im Aufzug nach unten", sagte Springer-Chef Mathias Döpfner einmal. Bis zur Wahl zum Bundespräsidenten ging es für Wulff noch steil aufwärts. Doch Beziehungen können rasch abkühlen. Oder, frei nach Döpfner: der Fahrstuhl schneller als erwartet nach unten rasen. Ende 2011 sieht Wulff sich schweren Vorwürfen aufgrund eines Hauskredits ausgesetzt, den er über Freunde erhalten haben soll. Am 12. Dezember versucht der Bundespräsident schließlich mit einem verzweifelten Anruf bei Bild-Chef Kai Diekmann zu retten, was noch zu retten ist. Dabei begeht er jedoch einen fatalen Fehler: Er droht der Zeitung mit dem "endgültigen Bruch", sollte sie über die Vorwürfe berichten.
Die Folgen für Wulff sind verheerend: Anstatt ihren einstigen Polit-Prinzen in Schutz zu nehmen, gibt Bild die Informationen über den Anruf an die Frankfurter Allgemeine Zeitung und die Süddeutsche Zeitung weiter und enthält sich selbst jeglichen Kommentars. Im Nachhinein bestätigt die Zeitung den Telefonanruf. Der vollständige Wortlaut der Mailboxnachricht ist jedoch bis heute offiziell nicht veröffentlicht - ein Berliner Künstler hat allerdings ein Gemälde daraus gemacht.
Medienforscher Lutz Hachmeister erläutert in einem Interview mit dem Goethe-Institut, wie es zu dem Bruch zwischen Wulff und der Bild kommen konnte. "Es gibt Hinweise darauf, dass Christian Wulff in der Zeit als Bundespräsident seine Rolle neu definierte und versucht hat, Bild klarzumachen, dass er und seine Frau nicht mehr exklusiv für Fotos und Interviews zur Verfügung stehen. Wie in einer enttäuschten Liebesbeziehung hat sich daraus eine wechselseitige Entfremdung ergeben." Die Bild dürfte sich in dieser Lage vom Skandal um Wulffs Anruf mehr versprochen haben als von einem guten Verhältnis zum Noch-Bundespräsidenten.