Süddeutsche Zeitung

Journalismus in Australien:Internetriesen an die Kasse

In Australien sollen Facebook und Google für die Nutzung von Medieninhalten bezahlen - andere Länder könnten sich das zum Vorbild nehmen.

Von Jan Bielicki

Als weltweit erstes Land will Australien Google und Facebook zwingen, ihre Werbeeinnahmen mit örtlichen Medien zu teilen. Die konservativ-liberale Regierung brachte am Mittwoch einen entsprechenden Gesetzentwurf in das Parlament von Canberra ein. Dieser sieht vor, dass die beiden Internetriesen für die Nutzung und Verbreitung von Inhalten aus australischen Medien künftig bezahlen müssen.

Wie viel, das sollen die Medienunternehmen selbst mit Google und Facebook aushandeln. Einigen sie sich dabei nicht, soll eine von der Regierung einzurichtende Schiedsstelle den Preis festlegen, den die beiden Konzerne zu zahlen haben. Das Gesetz betrifft vorerst nur zwei Internetplattformen, nämlich Google Search und Facebook Newsfeed, aber beispielsweise nicht Googles Videokanal Youtube oder die zu Facebook gehörende Plattform Instagram.

"Es ist ein historisches Gesetz, eine Weltpremiere, die Augen der Welt liegen auf dem, was hier in Australien passiert", sagte Finanzminister Josh Frydenberg im Repräsentantenhaus. Und tatsächlich könnte das, was seine Regierung vorhat, zum Vorbild für andere Länder werden.

Facebook hat auf die Pläne mit einer Drohung reagiert

Genau das fürchten Google und Facebook. Ihr Widerstand gegen die Pläne aus Canberra ist groß, auch wenn der Kontinent mit seinen gerade einmal 26 Millionen Einwohnern im Weltgeschäft der Internetriesen nur eine untergeordnete Rolle spielt. Facebook hatte sogar angedroht, Inhalte australischer Medien ganz von seinen Seiten zu verbannen.

Allerdings verdient der Konzern auch in Australien nicht schlecht. Pro 100 australischer Dollar, die im Land für Onlinewerbung ausgegeben würden, gingen 53 an Google, 28 an Facebook und nur 19 an alle übrigen Medien, rechnete Frydenberg vor. Dagegen sind laut den Zahlen des australischen Finanzministers die Werbeeinnahmen gedruckter Zeitungen um 75 Prozent zurückgegangen.

Rupert Murdoch hat immer noch enormen Einfluss auf die Politik in Canberra

Dass sich ausgerechnet Australiens Liberalkonservative an die Spitze des Kampfes um die Einhegung der US-amerikanischen Social-Media-Giganten stellen, hat vor allem einen Grund. Als treibende Kraft hinter den Plänen der Regierung gilt Australiens größter Medienkonzern News Corp, einst Nukleus des heute weltumspannenden Nachrichtenimperiums des gebürtigen Australiers Rupert Murdoch. In Australien ist News Corp (neben Nine) das größere von nur zwei Medienunternehmen, die den Zeitungs- und Privatfunkmarkt nahezu vollständig beherrschen. Der erzkonservative Unternehmer Murdoch hat, obwohl längst US-Staatsbürger, noch enormen Einfluss auf die Politik in Canberra - ganz gleich, ob dort gerade die Liberalkonservativen oder die sozialdemokratische Labor-Partei die Regierung stellen.

Gerade der Zeitungsbranche, aber auch dem öffentlich-rechtlichen Sender ABC, von der liberalkonservativen Regierung finanziell kurzgehalten, käme Geld von den Tech-Riesen gerade sehr gelegen. Erst vor einem halben Jahr stellte News Corp die Druckausgaben von mehr als hundert seiner Lokal- und Anzeigenblätter ein und entließ Hunderte Journalisten.

Auch politisch steht der Murdoch-Konzern stärker unter Druck, als es der Lobbyerfolg gegen Google und Facebook nun erscheinen lässt. Erst im November war eine Petition eingereicht worden, die das Parlament dazu aufforderte, News Corps übermächtige Stellung auf Australiens Medienmarkt gründlich zu untersuchen. Und diese Forderung hat Gewicht: Unter den Erstunterzeichnern finden sich der Labor-Mann Kevin Rudd und der Liberale Malcolm Turnbull - gleich zwei Ex-Premierminister.

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