Exklusivvermarktung nicht mehr zulässig:Was das EU-Urteil für Fußball-TV bedeutet

Die millionenschwere Pay-TV-Wirtschaft wird überrascht von einem EU-Urteil: Theoretisch können ausländische Sender nun billigeren Fernseh-Fußball in Deutschland anbieten. Doch die Bundesliga sucht nach Wegen, um das zu verhindern.

Cornelius Pollmer

Die Dienstleistungsfreiheit, auf die sich der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil beruft, gilt innerhalb der Europäischen Union - im Internet aber wird die Richtlinie zuweilen recht großzügig ausgelegt. Wer Live-Übertragungen der Bundesliga kostenlos auf seinem eigenen Rechner sehen möchte und wem die Grenzen der Legalität dabei ziemlich egal sind, der kann sich gleich ein globales Paket schnüren: mit Bildern von einem chinesischen oder koreanischen Server und der Audiospur von einem deutschen Radio.

Urteil: Fußball-TV-Exklusivvermarktung verstoesst gegen EU-Recht

Pay-TV Sendern wie Sky droht der Verlust der Exklusivrechte für die Vermarktung von Fussball-Spielen

(Foto: dapd)

Schwieriger ist das Kombinationsspiel auf dem Decoder. Diese Geräte sind mit den für den Empfang von Pay-TV benötigten Decoder-Karten meist über ein sogenanntes Pairing verbunden - eine Paarbildung, die zur Folge hat, dass nicht jede Karte auf jedem Decoder funktioniert. Und sogar wenn es von nun an legal ist, Decoder und zugehörige Karten im EU-Ausland zu kaufen, heißt das nicht unbedingt, dass es sich auch wirklich lohnt.

"Das Urteil bedeutet erst einmal gar nichts", sagt Wolfram Winter von Sky Deutschland. "Es bedeutet nur für die Lizenzgeber eine Menge Mehrarbeit, weil Verträge angepasst werden müssen." So gehörten zum Lizenzpaket der Premier League für Griechenland nicht nur die Bilder, sondern auch der Ton - erst deswegen war es für die britische Wirtin kommerziell attraktiv, die Übertragungsrechte im Ausland einzukaufen. Die Deutsche Fußball Liga (DFL) hingegen vermarktet nur die Bilder im EU-Ausland. Wer nun etwa bei einem griechischen oder spanischen Anbieter einen Vertrag abschließt, der bekommt zum Beispiel auch den Kommentar in der dortigen Landessprache.

Nicht auszuschließen ist, dass Rechteinhaber aus anderen EU-Ländern deutsche Kommentatoren einkaufen und ein neues, billigeres Angebot speziell für den deutschen Markt zusammenstellen. Legal wäre das. Vermutlich würde die DFL dann aber den Vertrag mit diesem Anbieter kündigen - um ihren mit großem Abstand ertragsreichsten Markt zu schützen. In Deutschland nimmt die DFL in dieser Saison etwa 412 Millionen Euro mit dem Verkauf von Rechten ein, im EU-Ausland sind es etwa 25 Millionen Euro. "Der Lizenzgeber hat ja kein Problem mit der Wertigkeit seines Produkts, sondern mit dessen Definition", sagt Sky-Sprecher Winter. Wahrscheinlicher ist also, dass die DFL im Ernstfall auf die Einnahmen aus der Vermarktung im EU-Ausland verzichtet, als auf die hohen Einnahmen auf dem deutschen Markt - Pay-TV wird deswegen nicht zwingend billiger werden.

Wirkliche Änderungen könnten sich für Deutsche im Ausland ergeben. Bisher ist es Sky Deutschland nicht erlaubt, zum Beispiel auf Mallorca die Live-Übertragung der Bundesliga anzubieten, weil es für Spanien eigene Übertragungsrechte gibt. Das Satelliten-Signal, mit dem Deutschland bestrahlt wird, ist aber in ganz Europa zu empfangen. Wer bisher das deutsche Pay-TV auf Mallorca empfangen wollte, musste sich Decoder und Karte in Deutschland kaufen und beides in Spanien aufbauen. Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs könnte es passieren, dass Sky Deutschland die Bundesliga in Spanien selbst anbietet - freilich dann auch zu deutschen Preisen.

Auf den Grau- und Schwarzmarkt für den Live-Fußball wird das Urteil wenig Einfluss haben. Er ist auch längst nicht mehr ein so relevantes Problem wie noch vor ein paar Jahren. Heute, ist von verschiedenen Anbietern zu hören, würden Signale kaum noch illegal angezapft.

Perspektivisch ist auch nicht die Frage interessant, in welchem Land mit welchem Decoder Pay-TV geschaut werden darf. Denn die Verbreitung mobiler Geräte, die technisch in der Lage sind, Live-Bilder abzuspielen, nimmt stark zu. Dies wird auch Folgen für Lizenzierungsmodelle haben. Schon jetzt, sagt Sky-Sprecher Wolfram Winter, müssten "die Lizenzen und deren Verwertung wegen der iPads dieser Welt permanent angepasst werden".

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