Süddeutsche Zeitung

Evangelische Journalistenschule:"Ein verheerendes Signal"

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Die Evangelische Journalistenschule in Berlin gehört zu den renommiertesten des Landes. Nun muss sie definitiv schließen.

Von Clara Lipkowski und Timo Posselt

Das Aus hatte sich angebahnt, nun steht fest: Die Evangelische Journalistenschule (EJS) in Berlin muss definitiv schließen. Der Aufsichtsrat des Schulträgers - des Gemeinschafwerks der Evangelischen Publizistik (GEP) - teilte am Mittwochabend mit, dass es den Betrieb der Schule nicht weiterführt. Damit verschwindet eine der renommiertesten Schulen für das journalistische Handwerk in Deutschland. Im Vorfeld hatten sich prominente Journalistinnen und Journalisten, unter ihnen Carolin Emcke, Ingo Zamperoni und Anne Will für den Erhalt der Schule eingesetzt. Vergeblich.

Die Entscheidung des Aufsichtsrats des GEP besiegelt eine zwei Jahre dauernde Diskussion um den Erhalt der Schule. Die Verantwortlichen im Aufsichtsrat bedauern in einer Mitteilung vom Donnerstag, dass trotz "intensiver Beratungen" "kein Weg gefunden wurde", die weitere Existenz der "EJS betriebswirtschaftlich zu verantworten". Man sei vor der Aufgabe gestanden, insgesamt 1,9 Millionen Euro abzubauen und habe nicht die notwendigen Mittel, um die Schule bei diesem Spardruck. Deren Betrieb schlug mit etwa 500 000 Euro pro Jahr zu Buche, zuletzt war seitens des GEP von 400 000 Euro die Rede. Durch ein neues Konzept wäre die Schule laut GEP aber teurer geworden.

Durch ein neues Konzept hätte die Schule laut GEP teurer werden können. Außerdem verschärften steigenden Rohstoffpreise etwa für Papier die betriebswirtschaftliche Lage der GEP.

Das Gemeinschaftswerk Evangelischer Publizistik will fünf Volontariate in eigenen Betrieben schaffen

Oscar Tiefenthal, bisher Leiter der Evangelischen Journalistenschule, fand am Donnerstag zu dem Entschluss deutliche Worte: "Eine bittere und falsche Entscheidung." Man habe an der EJS 27 Jahre lang "unter ständigem Spardruck und mit verhältnismäßig kleinem Budget eine hochwertige Ausbildung gewährleistet." Nun ausgerechnet in der Qualitätsausbildung "die Lichter auszuknipsen, ist ein verheerendes Signal nicht nur für die evangelische Publizistik".

Auch Alumna Natascha Gillenberg, die von Beginn an für den Erhalt gekämpft hatte, zeigte sich enttäuscht. Angesichts derzeitiger radikaler politischer Kurskorrekturen auf allen Ebenen, in denen auch die Verteidigungsetats erhöht würden, diskutiere die evangelische Kirche ihre Friedensethik - "und schließt zeitgleich eine der wichtigsten Ausbildungsstätten für Journalismus. Diese Entscheidung entspricht weder den Herausforderungen dieser Zeit, noch dem, was wir als Kirche beitragen können".

Auch auf Twitter äußerten Unterstützerinnen Unverständnis. Die Juristin und Publizistin Beatrice von Weizsäcker schrieb: "Darauf gibt es keine vernünftige Erklärung. Geld für die Garnisonskirche z.B. ist da."

Zugleich kündigte das GEP an, künftig journalistisch ausbilden zu wollen. Ab 2023 solle demnach ein neu geschaffenes Volontariat in den eigenen Medienbetrieben wie dem Magazin Chrismon und der Nachrichtenagentur Evangelischer Pressedienst starten. In Frankfurt am Main sollen dann bis zu fünf Medienschaffende über 24 Monate lang ausgebildet werden.

Der GEP-Aufsichtsratsvorsitzende Volker Jung, sagte am Donnerstag: "Die Entscheidung tut richtig weh." Keines der elf stimmberechtigten Mitglieder habe die Entscheidung in der Sitzung leichtfertig getroffen. "Das ist keine Entscheidung gegen Qualitätsjournalismus und die dafür erforderliche Ausbildung, sondern eine Entscheidung aufgrund der finanziellen Mittel, die wir haben."

Die fünf geplanten Volontariate ab 2023 seien "natürlich günstiger" als der EJS-Betrieb mit teils 14 bis 16 Schülerinnen und Schülern pro Jahrgang, sagte Jung, der auch Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau ist. Zudem arbeiteten die Volontierenden direkt im GEP und in GEP-eigenen Medien wie Chrismon und dem EPD mit, das rechne sich anders und biete mehr Flexibilität.

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