Journalismus: "Das wäre bitter"

Die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hat am Sonntag (10.11.2019) in Dresden ihre diesjaehrige Jahre

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, hatte noch vor wenigen Tagen gesagt, Qualitätsjournalismus sei wichtiger denn je.

(Foto: imago images/epd)
  • Die Evangelische Journalistenschule in Berlin steht vor dem Aus.
  • Die Schule zählt zu den renommiertesten Ausbildungsstätten für Journalistinnen und Journalisten in ganz Deutschland.
  • Nun muss das Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik, das die Schule jährlich mit rund 500 000 Euro finanziert, sparen - und will unter anderem den Posten der Schulleitung nicht nachbesetzen.

Von Clara Lipkowski

Seit vergangene Woche bekannt geworden war, dass die Evangelische Journalistenschule in Berlin vor dem Aus steht, wird die Zahl der Unterstützter, die sich für den Erhalt einsetzen, immer größer. Schüler, Absolventen und Dozenten drücken im Internet ihre Empörung und Solidarität aus und fordern, das Vorhaben zu überdenken. "Eigentlich wollen wie in diesem Jahr unser Jubiläum 25-Jahre-EJS feiern", sagt die Alumna und freie Journalistin Natascha Gillenberg, "aber jetzt könnte es sein, dass wir eine Abschiedsfeier machen müssen." Die Taz twitterte: "Das wäre bitter". Die Journalistin Lena Kempf nennt eine Schließung "fatal" und die Autorin Julia Karnick schreibt: "Ich war 1995/96 im 1. Jahrgang der @ejs_berlin: ein bunter, wilder Haufen von 22 - 37J., manche ohne Studium (zB ich) o fast ohne journal. Praxis (zB ich). Es war Markenzeichen der EJS, dass sie SuS mit krummen Biografien 1 Chance gab. Das darf nicht vorbei sein!"

Die EJS ist dafür bekannt, sich mit ethischen Fragen im Journalismus auseinanderzusetzen, sie betont in der Ausbildung in Hörfunk, TV- und Printmedien die gesellschaftliche und ethische Verantwortung von Journalisten. Noch vor wenigen Tagen hatte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, gesagt, dass Qualitätsjournalismus heute, in Zeiten von digitalen Medien und Algorithmen, wichtiger sei denn je. Nur kurze Zeit später hieß es, dass der Träger der EJS, der von der EKD finanziert wird, offenbar kein Geld mehr für die Schule bereit stellen wird. Bereits der kommende Jahrgang 2021 soll nicht mehr ausgeschrieben werden.

Man wolle nicht komplett aus der journalistischen Ausbildung aussteigen, so Bollmann

Die Schule wird vom Träger GEP, dem Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik, jährlich mit rund 500 000 Euro finanziert. Nun aber muss das GEP sparen und besetzt voraussichtlich zwei entscheidende Stellen der Schule nicht nach: Die des aktuellen Schulleiters und die einer Assistentin, die 2021 und 2022 in Rente gehen. GEP-Direktor Jörg Bollmann erklärt auf Anfrage, man werde etwa bis Jahresmitte endgültig entscheiden. Am 27. Februar könnte die Schule auch Thema der EKD-Sitzung in Hannover werden, die Unterstützer planen dazu eine Solidaritätsaktion.

Bis 2024 muss das GEP laut Bollmann insgesamt 1,9 Millionen Euro Kosten abbauen. Von der EKD erhält es jährlich etwa 12,1 Millionen Euro, es generiert aber auch noch weitere Einnahmen, etwa durch die Nachrichtenagentur Evangelischer Pressedienst (epd) sowie durch Anzeigenmarketing des evangelischen Blattes Chrismon. Doch auch das GEP spürt die Folgen der Printkrise: Anzeigenverkäufe könnten die Steigerung von Personal- und Sachkosten nicht mehr auffangen, das GEP könne damit kein Umsatzwachstum mehr erzielen, sagt Bollmann, betonte jedoch, dass dem GEP die Schule "am Herzen" liege. Deswegen wolle man nicht komplett aus der journalistischen Aus- und Fortbildung aussteigen, aber unklar sei, ob man dafür eine eigene Schule weiterbetreiben könne. Man müsse sich digitalen Medienveränderungen anpassen. Er sei entschlossen, die Kürzungen sozialverträglich zu realisieren.

Die EJS zählt zu den renommiertesten Journalistenschulen in Deutschland

Die Unterstützer der Schule warnen, dass gerade jetzt nicht an der falschen Stelle gespart werden dürfe. Von vielen ist Unverständnis zu hören, dass die EKD, die etwa aus Kirchensteuereinnahmen über das nötige Geld verfüge, jetzt nicht helfe. Auch heißt es aus dem Freundeskreis der Schule, dass die EJS schon zweimal vor dem Aus stand. Deswegen hoffe man auch jetzt, die Entscheidung noch abwenden zu können.

Die EJS wurde 1995 gegründet und hat seither etwa 200 Journalisten ausgebildet. Sie zählt zu den renommiertesten Schulen in Deutschland - neben der Henri-Nannen-Journalistenschule in Hamburg, der Deutschen Journalistenschule DJS und der katholischen Journalistenschule Ifp, beide in München, und der Axel-Springer-Akademie in Berlin. Das Ifp zeigte sich nun offen für eine Kooperation, es hieß, man wolle "mit den Kolleginnen und Kollegen reden", bereits an diesem Montag fanden erste Gespräche statt. Denkbar wäre, dass die beiden konfessionellen Schulen sich die Kosten teilen. Auf Twitter war schon die Rede von einer ökumenischen Journalistenschule. Schüler wie Lina Verschwele betonen aber die Linie der EJS: "Mir wäre wichtig, dass Schüler nicht religiös sein müssen, um aufgenommen zu werden, und Haltung mehr zählt als die Konfession", sagt sie. Sie ist aktuell im wohl vorerst letzten Jahrgang und selbst nicht streng evangelisch.

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