Von der Unschuldsvermutung blieb in einem Strafprozess selten so wenig übrig wie im Fall Kachelmann. Daran hat sich selbst nach dem rechtskräftigen Freispruch wenig geändert. Der Ruf dieses Mannes blieb gemordet.
Schuld daran war nicht nur, aber auch die Art und Weise, wie die Bild -Zeitung den Fall behandelt hat: exzessiv, persönlichkeitszerstörend und existenzvernichtend; beim Ausschlachten der Intimsphäre des Angeklagten gab es keine Grenzen und keine Hemmungen. Angesichts dessen ist das Schmerzensgeld, zu dem nun das Oberlandesgericht Köln den Springer-Verlag verurteilt hat, nicht spektakulär, sondern bescheiden.
Das Geld gibt Kachelmann sein altes Leben nicht zurück; aber es gibt Genugtuung. Ob es abschreckende Wirkung für die Zukunft hat? Die 395 000 Euro haben wohl nicht einmal gewinnabschöpfende Wirkung. Der verurteilte Verlag hat an Kachelmann ein x-Faches dessen verdient, was er nun bezahlen muss.
Es ist nun aber auch billig, nur mit dem Finger auf Bild zu zeigen. Andere Medien haben es hier nicht viel besser gemacht, und leider hat eine überforderte Strafjustiz zur medialen Vorverurteilung beigetragen; sie hat die Intimsphäre der Beteiligten in einer Weise bloßgelegt, die jeder Beschreibung spottete. Das Schmerzensgeld, zu dem die Justiz nun Springer verurteilt, darf von ihren eigenen Fehlern nicht ablenken.