Ein Mann wie ein Berg:Kleinstadtrevier

Watzmann ermittelt Folge 1

Hier spricht die Polizei: Benedikt Beissl (Andreas Giebel, vorne) und Jerry Paulsen (Peter Marton) telefonieren.

(Foto: Susanne Bernhard/ARD)

Ein Heile-Welt-Vorabendkrimi für Harmoniebedürftige und Hybrid aus Schmunzelkrimi, Familienserie und Imagefilm: "Watzmann ermittelt".

Von David Denk

Anders als der Titel vermuten lässt, klärt in der neuen ARD-Vorabendserie Watzmann ermittelt kein Berg Verbrechen auf, sondern ein in und um Berchtesgaden wirkender Hauptkommissar namens Benedikt Beissl, der im Presseheft als Watzmann-Ebenbild beschrieben wird: "groß, mächtig und unverrückbar." Anders gesagt: Beissl (Andreas Giebel) ist ein dickköpfiger, stieseliger Einzelgänger. Darauf, dass es mit ihm bisher kein Kollege lange ausgehalten hat, ist er stolz, und auch dem neuen macht er wenig Hoffnung auf Teamwork: "Das ist kein Fall - und schon gar nicht unser Fall." Was andernorts zu Recht als Unverschämtheit ausgelegt würde, gilt in Bayern ja merkwürdigerweise als authentisch, um nicht zu sagen: charmant.

An diesem Jerry Paulsen ist für Wachtmeister Dimpfelmoser schon der Name eine Provokation. Doch ist er nicht nur Beissls neuer Kollege, sondern zu allem Überfluss auch noch sein Schwiegersohn in spe. Und er ist schwarz! Paulsen-Darsteller Peter Marton freut sich, dass die Hautfarbe "nur sehr beiläufig" thematisiert werde. Er muss eine andere Serie gesehen haben. In der ersten Folge dauert es keine zwei Minuten, bis Marton/Paulsen selbst das Thema anspricht. Als seine Freundin Johanna (Ines Lutz) ihn bittet, großzügig mit ihrem Vater zu sein und seine dumpfe Art mit Humor zu nehmen, entgegnet er: "Aber klar doch, am besten mit meinem schwarzen." Höhö. Dann darf der Toni von der Bergwacht auch noch fragen: "Habt's ihr jetzt auch schon einen Flüchtling aufgenommen?" Hihi. Und für Beissl ist Paulsen ein "Möchtegern-Obama". Haha. Ein bisschen zum Heulen ist es schon.

Da fragt man sich, ob solche grenzrassistischen Sparwitze ihren Weg ins Drehbuch fanden, weil sie dem Humorverständnis der Autoren entsprechen oder weil diese annahmen, das könnte ihrem Publikum gefallen. Wie auch immer - beides schlimm.

Davon abgesehen ist Watzmann ermittelt ein Hybrid aus Schmunzelkrimi, Familienserie und Imagefilm fürs Berchtesgadener Land. Beissl und Paulsen ermitteln dort, wo andere Urlaub machen, und das soll man auch sehen. Doch auch vor schönster Alpenkulisse passieren Verbrechen, und Beissl und Paulsen raufen sich irgendwie schon in der ersten Episode zusammen, um eines aufzuklären. Eine horizontale Entwicklung der Figuren gibt es nicht - Giebel als Beissl ist notorisch missmutig, aber eigentlich doch ganz nett (zumindest im Kreise der Familie) und Marton als Paulsen ist lässig, aber schlau und gewissenhaft, also genau so, wie die meisten Deutschen von der Welt gern gesehen würden.

Watzmann ermittelt zeigt eine Welt, in der sich beinahe zwanghaft alles in Wohlgefallen auflöst. So ist die älteste Beissl-Tochter Maria (Kathrin von Steinburg), alleinerziehend und arbeitslos, zuerst mächtig sauer, als Johanna ein Vorstellungsgespräch arrangiert, geht dann aber doch dankbar hin. Und selbst Verbrecher haben am Vorabend hehre Motive, sagen bei der Festnahme Sätze wie: "Ich wollte doch nur, dass alles so bleibt, wie es ist." Beim Schmunzelkrimi-Publikum macht einen so ein Bekenntnis zum Konservatismus fast schon zum Sympathieträger.

Watzmann ermittelt, Das Erste, mittwochs, 18.50 Uhr.

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