Süddeutsche Zeitung

DSDS-Moderator Marco Schreyl im Gespräch:"Ich bin berufseitel"

An diesem Samstag wird das achte DSDS-Finale ausgestrahlt. Moderator Marco Schreyl über Eitelkeit, die Nachfolge-Gerüchte um Michelle Hunziker und seine Fehde mit Oliver Kalkofe.

Stephan Seiler

SZ: Herr Schreyl, seit sechs Jahren präsentieren Sie die Sternchen der RTL-Castingshow Deutschland sucht den Superstar (DSDS) - immer freundlich, immer verständnisvoll, immer jovial. Ist das Ihre Markenbildung als Moderator?

Marco Schreyl: Die DSDS-Zuschauer kennen mich als den Typen, der die Juryentscheidung am Ende auf neuneinhalb Minuten dehnt, ohne dabei ein schlechtes Gewissen zu bekommen. Dafür mögen oder hassen Sie mich. Was ist das Problem?

SZ: Kein Problem, aber was für ein Moderator sind Sie?

Schreyl: Ich bin zu hundert Prozent Moderator und kein Meinungsmacher. Dafür hat der Zuschauer andere Showgrößen, Günther Jauch zum Beispiel, von dem man weiß, dass er Hunde nicht mag, weil die auf die Straße kacken. Oder Dieter Bohlen, über den bekannt ist, dass er auf gut aussehende Frauen steht. Oder Bruce Darnell, der bei jedem emotionalen Ereignis losheult. Ich bin der Vermittler. Ich bin nicht die Hauptperson. Und so viel Selbstsicherheit habe ich mittlerweile, dass ich weiß, dass ich meinen Job sehr gut, zuverlässig und erfolgreich erledige.

SZ: Ihr Kollege Oliver Kalkofe nannte Sie einen "Wegmoderierer".

Schreyl: Kalkofe weiß, dass ich der meistgesehene Moderator im deutschen Fernsehen bin. Er benutzt mich als Surfbrett, um auch mal zu Wort zu kommen. Das hat mich nur kurze Zeit geärgert. Inzwischen freue ich mich, ihn längst überholt zu haben.

SZ: Schreiben Sie Ihre Moderationen selbst?

Schreyl: Ein Autor, mit dem ich seit Jahren exklusiv zusammenarbeite, schreibt sie. Seine Vorschläge texte ich mir um. Dann ringen wir um Worte und Formulierungen. Am Ende stammt schon sehr viel von mir.

SZ: Ihre Zusammenfassung am Ende der Show, kurz bevor wieder ein Kandidat rausfliegt, könnten schneller und subtiler sein.

Schreyl: Die Schlussmonologe sind ein Erfolgsgeheimnis von DSDS. Mein Autor und ich haben nur eine Stunde zwischen den Sendungen. Da wird viel Spontaneität und Feingefühl verlangt. Ich muss auf die Sekunde fertig sein, weil bestimmte Werbeinseln nur zu bestimmten Uhrzeiten gesendet werden dürfen. Das ist Höchstleistung, auch wenn es für viele nicht so wirkt.

SZ: Feingefühl? Sie sagen: "Dreimal bist du heute von der Jury abgewatscht worden. Drei Mal! So was tut weh, sehr weh. Das muss wehtun. So was kann an keiner Seele schadlos vorbei gehen."

Schreyl: Es hat sich noch nie ein Kandidat bei mir beschwert. Und was ich sage, ist nicht falsch. Wir haben doch gelernt, dass man sich an die Zweitplatzierten nicht erinnert, dass nur der Sieg zählt. Wer beachtet denn noch Menowin Fröhlich? Niemand.

SZ: Ist das Ihre Haltung?

Schreyl: Natürlich bin ich nicht immer mit jedem Wort glücklich. Aber das gibt es in jedem Beruf. Ein Bäcker isst auch nicht alle Brote und Törtchen gern. Sicher gibt es Stellen, die ganz schön deftig sind. Aber diese Sendung soll emotionalisieren, Parteien bilden. Der Zuschauer soll den einen lieben, den anderen nicht. Wenn ich das mit meinen Kommentaren erreiche, mache ich einen guten Job.

SZ: Früher haben Sie als Journalist beim MDR und ZDF gearbeitet. Im HR-Hörfunk leiten Sie noch immer eine journalistische Sendung. Wie findet der Journalist Schreyl, was der Showmoderator Schreyl bei RTL anstellt?

Schreyl: Wenn ich im Radio den hessischen Ministerpräsidenten interviewe, hat DSDS dort nichts verloren. Da hat Castingshow-Marco Sendepause. Ich darf recherchieren, tiefgründig, investigativ, erwachsen sein. Es gibt zwei Marcos: Einmal den HR1-Moderator und einmal den DSDS-Moderator. Das ist toll.

SZ: Stimmt es, dass Michelle Hunziker als Ihre Nachfolgerin bereitstehen soll?

Schreyl: Die Personalentscheidung für eine neue Staffel wird RTL zum richtigen Zeitpunkt treffen. Dazu hat sich noch nie jemand während der laufenden Sendung geäußert. Wir freuen uns jetzt auf das Finale mit Sarah Engels und Piedro Lombardi. Das wird ein großer Abend.

SZ: Wie lange wollen Sie denn noch bei DSDS mitwirken?

Schreyl: Sicher keine Ewigkeit. Aber gern, solange es allen und mir Spaß macht.

SZ: Und dann?

Schreyl: Ich würde gerne etwas mit journalistischem Tiefgang machen, etwas ruhiger, vielleicht auch wieder mit einem Sitzplatz für mich. Ein Talk, vielleicht wieder Sport oder sogar eine Nachrichtensendung - auch bei den Öffentlich-Rechtlichen.

SZ: Herr Schreyl, Themenwechsel. Wie war das, als auf Ihrem Kontoauszug die erste Million stand?

Schreyl: Dreiste Frage, nächste Frage! Alles, was ich dazu sage, ist, dass es mir gut geht und ich mich freue, mir bestimmte Dinge leisten zu können wie Wohnraum und eine Bahncard 100 First. Das ist mein Luxus, meine Black Mamba.

SZ: Stört es Sie, dass Sie noch nicht bei Switch Reloaded, der Comedy-Show auf Pro Sieben, parodiert werden?

Schreyl: Das ist zumindest überraschend, weil ich schon lange damit rechne, dort veralbert zu werden. Ich habe mich gefragt, wie sie mich wohl umsetzen würden, was mich speziell macht.

SZ: Eitelkeit?

Schreyl: Ich bin berufseitel.

SZ: Wann haben Sie zuletzt Ihren Namen gegoogelt?

Schreyl: Das mache ich eigentlich nie.

SZ: Nie?

Schreyl: Okay, manchmal tue ich es. Es ist für mich wichtig zu kontrollieren, was dort über mich steht.

SZ: In Ihrem Wikipedia-Eintrag steht, dass Sie bei der Bundeswehr ein Stubendiener waren und ein gläubiger Christ sind. Richtig?

Schreyl: Ich habe keine Ahnung, was ein Stubendiener ist, aber das ist Wikipedia. Ich war Sportsoldat und Bobsportler. Wenn elf bis 13 Trainingseinheiten pro Woche Stubendiener bedeuten, dann stimmt, was da steht. Dass ich ein gläubiger Christ bin, stimmt auch, hat aber in der Öffentlichkeit nichts zu suchen. Es ist völlig unwichtig, ob ich an einen lieben Gott glaube oder nicht.

SZ: Bei Johannes B. Kerner haben Sie aber über Ihren Glauben gesprochen.

Schreyl: Stimmt. Damals hatte ich versucht, Johannes B. Kerner im Vorgespräch beizubringen, dass ich darüber öffentlich nicht reden möchte. Er hat mir diese Frage dennoch gestellt, was mir als Moderator niemals passieren würde.

SZ: Haben Sie sich beschwert?

Schreyl: Ich habe Kerner gesagt, dass ich mich ärgere. Wir beide waren damals noch ZDF-Mitarbeiter, deshalb konnte ich mich nicht stärker gegen die Ausstrahlung dieser Interviewpassage wehren. Ist lange her, nun steht es da eben.

Anm: Eine Nachtkritik zum DSDS-Finale finden Sie am Sonntag auf www.sueddeutsche.de

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Quelle:
SZ vom 07.05.2011/joku/berr
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