Süddeutsche Zeitung

RTL-Dschungelcamp: Tag 14:"Er wohnt in der Pampa und fährt einen kleinen Mercedes"

Bastian zerstört den Mythos "Currywurst-Millionär". Chris trinkt lieber Cola, als seinen Manager zu treffen. Und RTL hat Serverprobleme.

TV-Kritik von Johanna Bruckner

Thema des Tages: das Innenleben der anderen. Die Mitbewohner werden weniger, die individuellen Macken dafür umso offensichtlicher. Ausblenden ist so kurz vor dem Finale keine Option, denn nach zwölf Staffeln Dschungelcamp hat auch der letzte Lagerarbeiter mitbekommen: Das geht hier nicht nach Medien­kom­petenz, sondern nach Persönlichkeitsstörung. Der mit der größten, darf am längs­ten - also auf Sendung sein. Es gilt, dem Irrsinn der Konkurrenz den eigenen Wahnsinn entgegenzu­halten. Chris Töpperwien macht den Anfang. Er versucht, die Aufmerksamkeitsdefizit­störung von Mitcamperin Evelyn Burdecki mit den Mitteln der Pseudo-Pädagogik zu deeskalieren: "Auf RTL gab's die Supernanny, die die Kinder in die stille Ecke gesetzt hat, damit die sich mal besinnen. Und da dachte ich mir: Nachdem Evelyn ja noch ein kleines Kind ist, setze ich sie mal in die stille Ecke."

Was sagt man dazu? Bastian Yotta weiß es: "Das nenn' ich mal ein ernsthaftes Ego-Problem."

Tatsächlich scheint es der Entrümpelungshype um Marie Kondō bis ins australische Outback geschafft zu haben - an Tag 14 wird aufgeräumt in den Oberstübchen. Nur an die eigenen lockeren Schrauben traut sich keiner so richtig ran. Chris Töpperwien sagt über Doreen Dietel: "Mit einem Schnippen haste die oben an der Decke hängen." Doreen Dietel sagt über Chris Töpperwien: "Der wird gerade Terror, der Typ." Und Bastian Yotta sagt über RTL: "Ey, das ist doch nicht normal!" Recht haben irgendwie alle.

Wer ist raus? Niemand. Die Moderatoren sprechen von Serverproblemen bei der Auszählung der Anrufe. Bastian Yotta spricht vermutlich die Wahrheit (siehe oben).

Umkämpfteste Rolle: die Prinzen-Rolle. RTL sucht allerdings nicht für ein klassisches Märchen, sondern für eine dieser unbequemen Inszenierungen, in denen Helden nicht mehr strahlen, sondern straucheln. Dementsprechend sind die Anwärter nicht edel, sondern edgy. Und statt standhafter Mannsbilder bewerben sich windige Typen.

Da ist auf der einen Seite Chris Töpperwien, der gerüchteweise weder über ein Schloss, noch über einen weißen Schimmel verfügt: "Currywurst-Millionär? Er wohnt irgendwo in der Pampa und fährt einen kleinen Mercedes", verrät Chris' unmittelbarer Konkurrent Bastian Yotta. Macht der moderne Royal zumindest Charity? Chris selbst erklärt dazu Folgendes: "Ich mach' viele Beratungen, Consul­ting-Geschäfte, wo sich Leute übers Auswandern informieren." Aber die Prinzessin, die wird doch hoffentlich noch auf Händen getragen? Nun ja, Bewerber Nummer zwei, Bastian, verfolgt da einen eher interpretativen Ansatz. Er möchte mit seiner Liebsten erst Pizza essen und im Anschluss besagte Liebste vernaschen. Er sagt das natürlich nicht so, sondern mit sehr viel vulgäreren Vokabeln. Und merkt wohl selbst, dass er sich an dieser Stelle ein bisschen zu viel künstlerische Freiheit rausge­nommen hat. "Küssen und liebkosen" sei selbstverständlich auch wichtig, ergänzt er.

Worüber wurde am Lagerfeuer gesprochen? Über Prioritäten. Für die Verbliebenen geht es auf Schatzsuche. In Zweierteams müssen die Camper zwischen fünf Türen jene auswählen, hinter der sich ihre Begleitpersonen verstecken. Sandra Kiriasis und Felix van Deventer haben Glück und können sich nicht nur eine Umarmung abholen, sondern auch das erste Feedback nach zwei Wochen Außenweltabstinenz. Indira Weis, Ex-Dschungelcamperin und Freundin von Sandra, hat einen Ratschlag mitgebracht: "Erzähl' den Leuten deine Lebensgeschichte, du bist so kurz vor dem Ziel." Felix' großer Bruder beschränkt sich auf die nackten Zahlen: "180.000 Follower!"

Zu den weniger Treffsicheren zählen Peter Orloff und Chris Töpperwien. Sie erwischen eine Tür, hinter der sich ihre jeweiligen Lieblingsgetränke verbergen. Lieblingslimo versus Lieblingsmensch - für Chris keine Frage: "Ich hab' lieber die Cola getrunken, als meinen Manager zu treffen."

Satz für die TV-Annalen: "Ich bin die neue Kevin Copperfield." (Sagt Evelyn Burdecki. Für manche ist sie Kunst, andere wünschten, sie wäre weg. In den Tagen des Dschungels ist die Grenze zwischen Dada und Gaga fließend.)

Und die Dschungelprüfung? Kann definitiv weg. Felix van Deventer und Sandra Kiriasis holen in der "Promi-Waschstrafe" vier Sterne und führen danach ein Freudentänzchen auf. Sonja Zietlow fragt: "Was war das?" Felix macht auf geheimnisvoll: "Ach 'n Insider." Und Daniel Hartwich macht Schluss mit dem Trauerspiel: "Dann macht mal die Outsider jetzt."

Moral der Geschichte? Ein jeder sei sich selbst der größte Feind, befand einst der Dichter Leopold Schefer. Ich bin ein Star - Holt mich hier raus! ist bekanntermaßen die Antithese zur deutschen Hochkultur. Hier gilt: "Ich war im Dschungelcamp und ich hab' den Yotta überstanden - das ist das Allergrößte." (O-Ton Chris Töpperwien)

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