RTL-Dschungelcamp 2018:Tag eins im Dschungel: "Ich habe polarisiert, deshalb bin ich noch da"

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Unter Beobachtung: Tatjana Gsell bei der Dschungelprüfung (links und rechts: zwei Typen, die erst noch erreichen müssen, dass sie ohne Erklärung funktionieren).

(Foto: RTL/Stefan Menne)

Das Dschungelcamp startet ungewohnt anspruchsvoll. Tatjana Gsell wird philosophisch. "Bachelorette"-Gewinner David Friedrich reflektiert seinen Marktwert.

TV-Kritik von Johanna Bruckner

Thema des Tages: Bin ich schon wer? Oder muss ich mir den Sendungstitel erst noch verdienen: Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!? Zugegeben, ziemlich tiefgründige Fragen für die Auftaktfolge - klingt fast so, als würde RTL sein Markenversprechen in Staffel zwölf nicht einhalten. "Prominente", die man erst mal googeln muss? Ekelprüfungen und Lagerfeuertalks knapp über der Schwachsinnsgrenze? In diesem Jahr wird's erst mal philosophisch. Die Kandidaten machen sich Gedanken darüber, was sie eigentlich wert sind in der Medienwelt.

Tatjana Gsell, bekannt geworden durch eine Ehe mit einem Schönheitschirurgen und eine Beziehung mit einem deutschen Prinzen, stellt sich beispielsweise so vor: "Ich bin Model, Entertainerin, man kennt mich schon lange aus der Regenbogen-Presse. Ich habe wahnsinnig polarisiert, deshalb bin ich noch da." Mit "polarisieren" meint sie übrigens ihre Rolle beim vorzeitigen Ableben des erwähnten Gatten. Selbstkritischer reflektiert Realityshow-Kandidat David Friedrich die eigene Prominenz: "Wenn ich bei der Bachelorette nicht mitgemacht hätte, würde ich mich auch nicht kennen." Und bei den Worten von Sänger und Quoten-Amerikaner Sydney Youngblood, der Ende der Achtziger zwei Hits hatte, möchte man am liebsten tröstend den Fernsehbildschirm streicheln: "Jede glaubt, dass ich hab' gestorben. [sic] Aber ich lebe noch."

Wenn diese Folge ein Film wäre, dann: "... denn sie wissen nicht, was sie tun". Damit wir uns richtig verstehen, es geht hier natürlich nie um den Inhalt, sondern immer nur um den Titel. Nach elf vorangegangenen Staffeln sollte bekannt sein: Wer Dschungelkönig werden will, muss sich dem RTL-Regime unterordnen. Doch was machen die Kandidaten? Sagen aufrührerische Sätze wie: "Ich bin Chef von niemand und niemand ist Chef von mir." (Ex-Fußballer Ansgar Brinkmann) Warum nicht gleich Gotteslästerung betreiben, indem man RTL und das Format an sich infrage stellt?

Bevor Sie jetzt denken, diese Frage sei ein Stilmittel, nach dem Motto "sieht gut aus, nichts dahinter" - hier der Gegenbeweis: Kandidatin Giuliana Farfalla sagt erst: "Es hat nicht bei Germany's Next Topmodel geklappt, dafür beim Playboy." Um dann ihre aktuellen Ambitionen wie folgt zu formulieren: "Also meine Lieben, ich möchte Germany's ... Ach warte!"

(Fun Fact: Der Film mit James Dean hieß im Original "Rebel Without a Cause".)

Worüber wurde am Lagerfeuer gesprochen? Streichen wir das Wort "Lagerfeuer" mangels Berichtenswertem und ersetzen es durch den Begriff "Scheinwerfer". Sobald nämlich im "Hotel Versace" Licht und Kameras angingen, legten die Pawlow'schen Hunde des Privatfernsehens los - und RTL ließ sie reden, es galt schließlich, die Show mit möglichst knalligen O-Tönen zu bewerben. Wobei am Ende nicht nur der Sender profitiert. Wenn Matthias Mangiapane, der mit seinem Lebenspartner durch diverse Reality-TV-Formate tingelt, sagt "Ich würde Kängurupenis auf jeden Fall essen, ich hatte schon ganz andere Sachen im Mund", dann jubilieren auch die Bild-Zeitung und alle Trinkspiel-affinen Zuschauer. "Penis!" Und ex.

Die Opfer dieser medialen Konditionierung sollten allerdings auch nicht verschwiegen werden. Natascha Ochsenknecht nennt sie beim Namen (nachdem sie freimütig darüber geplaudert hat, dass sie mitnichten nur auf "Toyboys" stehe, aber total gerne küsse): "Oh Gott, meine Kinder - scheiße, hab' ich vergessen."

Knistert es wenigstens schon? Noch mal Natascha Ochsenknecht: "Sex im Camp? Da möchte ich direkt aufstoßen."

Und die Dschungelprüfung? Hieß "Dschungel-Schule" und war auch so öde. Die Moderatoren machten es wie alle guten Lehrer: einfach noch mal das Zeug rausholen, das sich in den vergangenen Jahren bewährt hat. Die Kandidaten ekliges Zeug essen lassen (Stichwort: Kamelhirn). Sie zum Blankziehen zwingen (Stichwort: Schleimbad). Sie vorführen (Stichwort: Rechtschreibung). Note: ausreichend bis ungenügend.

Tier des Tages: die Kakerlake. Sie ist vom Aussterben bedroht, da wohnen die Kandidaten noch nicht mal im Camp. Denn David Friedrich kündigt an: "Ich glaub', die Kakerlaken müssen mehr Schiss vor mir haben als ich vor denen, weil ich werde sehr viel Hunger haben."

Satz für die TV-Annalen: "Ich bin Sandra, ich stinke nach Rattenpipi." (Sandra Steffl, Schauspielerin, beim Handshake mit Tina York, Schlagersängerin)

Moral der Geschichte? Wer "A" sagt, muss auch "Iiih" sagen. Der Dschungel hat sie sich geholt, sie wollten es so. Ab jetzt gilt: "Wehe, du gibsch uff." (Iris Klein zu ihrer Tochter Jenny Frankhauser, die wiederum die Halbschwester von Daniela Katzenberger ist, die bekannt wurde ... Ach, lassen wir es für heute gut sein.)

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