"Ich bin ein Star, holt mich hier raus":RTL schmeißt Kandidatin aus Dschungelcamp

"Ich bin ein Star, holt mich hier raus": Das Model Janina Youssefian musste nach einer rassistischen Äußerung das RTL-Dschungelcamp verlassen.

Das Model Janina Youssefian musste nach einer rassistischen Äußerung das RTL-Dschungelcamp verlassen.

(Foto: Stefan Gregorowius/RTL)

In einem wüsten Streit fällt wiederholt eine rassistische Beleidigung. Die Täterin wird sofort verbannt - alles gut so weit?

Von Cornelius Pollmer

Im Fernsehdschungel geht es darum, Sachen in den Mund zu nehmen oder eben nicht, und am Montag war die Auslage wieder gut gefüllt. Bullen-Nase gab es und Regenwürmer, dazu frittierten Skorpion, auch ein Lammherz stand zur Wahl. Für den großen Skandal aber, der die aktuelle Staffel nicht nur dramaturgisch erschüttert, reichte all das nicht. Es brauchte stattdessen etwas ganz Leichtes, das sich allerdings noch schwerer verdauen ließ. Es brauchte: ein Wort.

Zur Vorgeschichte dieses Wortes gehört, dass die Kandidatinnen Janina Youssefian und Linda Nobat seit einigen Tagen eine nervöse Ablehnung zueinander kultiviert hatten. Diese Ablehnung hatte sich bei einer gemeinsamen Dschungelprüfung zusätzlich und schwer entzündet. Schließlich hatte es unterschiedliche Auffassungen über den Verlauf dieser Prüfung gegeben und über die Tapferkeit der jeweils anderen - spätestens jetzt stand sie bedrohlich und blitzmuskelzuckend in der Luft, eine gewaltige Gewitterzelle. Als Zuschauer wusste man am Montagabend sofort, schnell noch Wäsche reinholen, gleich geht's ab.

"Ich bin kein Team mit dir und ich werd' auch niemals deine Freundin sein", sagte Janina. "Hab ich dir die Freundschaft angeboten?", sagte Linda. "Verpiss dich mal aus meinem Blickfeld", sagte Linda. "Du bist ekelhaft", sagte Janina. "So eine dumme, eklige, verschissene, asoziale Weib", sagte Janina. "Was denkst du wer du bist? ... Ich bin nicht der Baum, den du anpissen solltest", sagte Linda.

Der Zusammenhang der Beleidigung ist grotesk - aber das ist nachrangig

"Du Ekelpaket", sagte Janina. "Bitch", sagte Linda. "Hallo, wir woll'n hier a weng schlafen!", rief just an dieser Stelle der müde Franke Peter Althof von der Seite rein, aber dies zunächst nur für den Hinterkopf.

"Aus deinem dreckigen Mund kommt nur Scheiße raus", sagte Linda. "Geh doch in den Busch wieder zurück, wo du hingehörst", sagte Janina, "geh doch in den Busch wieder"! "Racist Bitch", sagte Linda, "racist ass bitch"! "Ja, aber du kannst beleidigen, oder?", sagte Janina. "Ich werd' nicht rassistisch okay?", sagte Linda.

Das schwer verdauliche Wort lautet also Busch, es fiel wiederholt und es hat eine rassistische Konnotation, die schwerer wiegt als gleich welche Intention seiner Verwendung. Dies gilt auch für den hier geschilderten, nachrangig durchaus grotesken Zusammenhang - es ist die in Teheran geborene Deutsch-Iranerin Janina Youssefian, die zu der im hessischen Hanau geborenen Linda Nobat sagt, diese solle zurück "in den Busch" gehen, und während sie dies sagt, befinden sich beide auf südafrikanischem Boden. Das soll mal einer im Diercke-Weltatlas auf eine logische Verbindung bringen.

Was auf diese Beleidigung nun folgte, lässt sich einzig mit dem Wort vorbildlich präzise beschreiben. Es wurde Nacht über dem Camp, ein neuer Tag brach an, Linda trat auf in einem weißen Gewand. Eine qualifizierte Minderheit der Camp-Bewohner, nicht dazu gehörte der müde Franke Peter, drängte Janina zu einer Entschuldigung.

Die Kandidatin fliegt raus - und es gibt zaghaften Applaus

Janina sagte, "es tut mir wirklich sehr leid, wenn das rassistisch gestern so rübergekommen ist". Linda erkannte darin das, was in alles andere als müden Kreisen auch eine non-apology apology genannt wird, eine Nicht-Entschuldigung. Sie führte außerdem aus, was für von Rassismus betroffene Menschen fortwährende Realität ist. Zum "100. Millionsten Mal" erlebe sie eine solche Situation, "das hier ist für mich nicht neu" - und "es heißt immer, es ist nicht so gemeint".

RTL rief die Bewohner zusammen und teilte mit, dass Janina das Camp verlassen müsse. Es gab erst zaghaften Applaus, dann stärkeren. Auf Twitter schrieb der Sender später: "RTL duldet ein derartiges Verhalten nicht und hat daher entschieden, dass Janina nicht mehr an der laufenden Staffel #IBES teilnehmen darf." Janina wurde in einem Auto aus dem Set und aus der Sendung gefahren. Linda sagte, "es ist das erste Mal in meinem Leben, dass etwas so gerecht gemacht wird".

Was einem dieser Fernsehabend über das konkrete Geschehen hinaus erzählt? So viel, dass man gar nicht weiß, wo anfangen und was auslassen, vorerst zumindest. Man könnte alles schnell abhaken mit einer Weisheit von Marc Aurel, oh, sorry, falscher Nachname, mit einer Weisheit vielmehr von Marc Terenzi, einem ehemaligen Gewinner des Formats. Terenzi sagte, "the Regels sind die Regels. Reiß dich zusammen, so einfach ist das, du musst dran halten."

Das stimmt insofern, als der Dschungel zwar nach außen oft menschliche Verwahrlosung ausstellt und den Anschein eines anything goes hat. Genau dies ist aber gerade nicht der Fall, der Dschungel pflegt gewisse Grenzen sehr genau, das ist Teil der Faszination, die er auf viele Zuschauer ausübt. Wahnsinn ja bitte, aber mit Methode und nach klaren Regeln. Zu den Regeln gehört: Rassismus wird geächtet. So einfach ist es.

"Der Affe hat mich angeschissen, ne?"

Und dann stimmt der Satz von Terenzi auch wieder nicht ganz. Weil er den Regelbrecher, der in diesem Falle eine Regelbrecherin ist, nicht beachtet. Was ist mit der jetzt eigentlich? Janina Youssefian ist in dieser Episode des Dschungelcamps vor allem die Täterin und nicht das Opfer. Sie war Linda Nobat in einem wüsten Streit auf fast allen Ebenen unterlegen, vor allem deren Eloquenz auch im Angiften und ihrer Schnelligkeit. In ihrer Überforderung hat sie ihre Gegnerin rassistisch beleidigt, die gerechte Konsequenz dafür ist der Rauswurf.

Dies alles gesagt und anerkannt habend, ist mit Youssefian am Montag eine Frau des Dschungels verwiesen worden, die niemand bemitleiden muss, die man aber bemitleiden kann - wenigstens in dem Sinne, dass man ihr nicht hämisch nachwinkt. Eine Frau, von deren Teilnahme am Dschungelcamp neben der Beleidigung nun einzig bleibt, dass sie kurzzeitig von "Zeckenfieber" glaubte befallen zu sein - und es bleibt von ihr auch der Korrekturversuch einer historischen Erzählung in eigener Sache. Vor auch schon wieder sehr langer Zeit sei sie mit dem Musikproduzenten Dieter B. nicht etwa auf einem Teppich verkehrt, sondern auf einem "Zuschneidetisch".

Im Schnittraum wiederum bei RTL behielten am Montag übrigens alle miteinander die Nerven - angenehm. Der Skandal Youssefian/Nobat wurde nicht ausgestellt, er wurde sachgerecht erzählt. Und es blieb daneben sogar Platz für Heiteres. In den Nebenrollen brillierten dabei der sagenhaft einfältige Kandidat Filip und ein auf einem Baum sitzender, man darf sagen: ziemlich geladener Affe.

"Der Affe hat mich angeschissen, ne?", sagte Filip, und zwar ziemlich genau "ins Gesicht gekackt". Der Preis für den Mitarbeiter des Tages ging also an den Affen.

Ähnlich glücklos blieb Filip bei seinem Versuch, einen Disput mit der Kandidatin Tara zu lösen. "Du verstehst mich nicht", sagte Filip. "Du mich auch nicht", sagte Tara. "Wie soll ich denn Dich verstehen, wenn Du mich nicht verstehst?", sagte Filip.

Der deutsche Michel (sehr fränkisch: Peter A.) schlummerte da schon wieder am Rande der Szenerie. Am Ende der Sendung wurde er von den Moderatoren gefragt, ob "so ein Schrank" wie er überhaupt vor etwas Angst habe. Peter schüttelte energisch den Kopf und sagte, er sei schlicht "zu alt dafür".

"Ich bin ein Star, holt mich hier raus": Cornelius Pollmer liebt Helmut Dietls Film "Late Show", besonders dessen letzte Szene. In einer von Thomas Gottschalk moderierten Talkshow zieht die Runde über deutsches Fernsehen her. Das Beste daran seien für ihn "ohnehin Tierfilme", konstatiert ein Gast - und die vis-à-vis sitzende Veronica Ferres sekundiert, "die sind so menschlich!".

Cornelius Pollmer liebt Helmut Dietls Film "Late Show", besonders dessen letzte Szene. In einer von Thomas Gottschalk moderierten Talkshow zieht die Runde über deutsches Fernsehen her. Das Beste daran seien für ihn "ohnehin Tierfilme", konstatiert ein Gast - und die vis-à-vis sitzende Veronica Ferres sekundiert, "die sind so menschlich!".

(Foto: Bernd Schifferdecker)
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