Thema des Tages: Menschen, die denken, man könne gegen Gott streiken. Da erklärt ein Mann namens "Honey" einem Klischee-Trump-Wähler (Marc Terenzi: weiß, männlich, vier Kinder von drei Frauen*), dass Gewerkschaften keine Firmen kaputt machen, sondern dafür sorgen, dass Arbeitnehmer gemeinsam bessere Rechte erstreiten können. Was in Teilen der USA als Bildungsprogramm durchgehen könnte, ist im deutschen TV-Dschungel zum Lachen, nein: geradezu lächerlich.
An Tag vier wird die Trennung der Camps aufgehoben, Team "Snake Rock" und Team "Base Camp" werden fusioniert. Und weil eine Fernsehshow eben kein Unternehmen ist, bekommen nicht alle schlechtere Arbeitsbedingungen, sondern nur ein Teil - das schafft Unfrieden und damit Quote. Für die Neuankömmlinge gibt es also frische Wäsche, der Rest muss weiter müffeln und ist stinkig. Markus Majowski - wir erinnern uns: der Kandidat mit dem Erregungsniveau eines soziopathischen Buddhas - macht sich selbst zur Stimme der Entrechteten. Es fallen Sätze, die wahlweise von einem kämpferischen Vorarbeiter oder einem trotzigen Kleinkind stammen könnten:
" Ihr könnt auch darauf warten, dass sechs Leute einfach streiken." / "Dann müsst ihr uns Zeit geben, damit wir abstimmen, was wir tun." / "Ihr könnt das Spiel dann alleine weiterspielen."
Und der Fernsehgott hörte die Worte und sprach: "Mimimimimi. Dumme Menschen."
RTL-Show:Das sind die Dschungelcamp-Kandidaten 2017
Es wieder Zeit für den Dschungel: Welche Kandidaten ziehen dieses Jahr bei "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!" ins Camp?
Tragende Rolle: die Liebenden. Dass dahinter mehr Substanz steckt als bei der gleichnamigen Tarot-Karte, darf bezweifelt werden. Aber seit Jay Khan und Indira Weis in Staffel fünf versuchten, in einem Wasserloch die Pool-Bilder von Rudolf Scharping und Gräfin Pilati nachzustellen, ist in der Liebe Gespieltes erlaubt. RTL lässt sich die Inszenierungshoheit doch nicht von den eigenen Angestellten streitig machen! So fangen die Kameras im Schein des nächtlichen Lagerfeuers sanfte Worte und zarte Berührungen zwischen Gina-Lisa Lohfink und Alexander "Honey" Keen ein. "Ich weiß auch schon, was ich machen werde", flüstert er. Sie giggelt, im Hintergrund spielt Softporno-Musik. Er rubbelt ihr einen Rußfleck vom Kinn und versucht, sie aus der Reserve zu locken: "Machst du was mit Fleisch?"
Es geht übrigens um die Koch-Sendung Das perfekte Promi-Dinner beim RTL-Schwestersender Vox, die traditionell nach dem Dschungel ansteht.
Worüber wurde am Lagerfeuer gesprochen? Über angemessene Arbeitsbekleidung. Größere Freiheit erhöht bekanntlich die Gefahr modischer Grenzüberschreitungen. Die Firmen-Policy des Privatfernsehens räumt den Mitarbeitern die maximale Freiheit ein. Im Sinne von: Textilfreiheit ist erwünscht. Sarah Joelle Jahnel bewirbt sich als Mitarbeiterin des Monats und will in einem dunkelblauen Spitzenbody zur Dschungelprüfung antreten. Empfohlen wurde ihr der immerhin von einer Expertin für diese Art von Berufsbekleidung: Micaela Schäfer, Ex-Dschungel-Teilnehmerin, Markenname: "die Nacktschnecke". Markus Majowski gibt vor, sich trotz der professionellen Beratung um Sarah Joelles Karriere zu sorgen ("Nackedei-Geschichten"). Teamkollege "Honey" greift ein und rettet die Situation: "Auf jeden Fall machste was für die Quote."
Und die Dschungelprüfung? Wäre als Impro-Theater über die Misere der Europäischen Union genial: Drei Menschen versuchen gemeinsam ein Auto zu steuern; der Erste sieht nichts, der Zweite hört nichts und der Dritte ist stumm. Ist als Dschungelprüfung über weite Strecken einfach nur nervig. Zumindest Sarah Joelle nimmt etwas mit aus der Aufgabe (außer dem Tagessieg für Team "Base Camp"). Mit den grünen Ameisen, die auf sie herabregnen, kommt die Einsicht: "Warum habe ich den Body anziehen müssen?"
Satz für die TV-Annalen: "Mir geht meine Stimme zum Teil selber auf'n Nerv." (Auch für Hanka Rankwitz ist Tag vier ein Tag der Selbsterkenntnis.)
Tier des Tages: die Memme. Das später eingeliederte Team "Snake Rock" verliert erneut eine Dschungelprüfung und die Verantwortlichen trauen sich kaum ins Camp zurück. Jens ist den Tränen nahe: "Ich bin ja nicht hierher geflogen, um zu verlieren." Florian spürt die Last des Versagens: "Wie so 'ne Faust, die dich runterdrückt und auslacht." Und Kader graust vor den Konsequenzen: "Wir können wieder einen Tag verhungern." Manchmal ist der Walk of Shame eine dreispurige Autobahn.
Moral der Geschichte? Kein Mensch wird etwas lernen, wenn er belehrt wird. Amerikaner Marc Terenzi soll nach der Zwangsvergewerkschaftung direkt in die Verhandlungen mit der Gegenseite eintreten. Im "Dschungeltelefon" erklärt er RTL und den Zuschauern: "For me, it's ehgeil." Bildungsprogramm gescheitert.
*Der Vollständigkeit halber: Terenzis Manager hat der Presse inzwischen erklärt, dass sein Klient überhaupt nicht wählen gewesen sei. Das ist natürlich sehr viel besser.