Trump-Vergleiche liegen in diesen Tagen nahe. Das Große im Kleinen suchen. Oder im Fall von Marc Terenzi: Den Kleinen im Großen wiederfinden. Die Bild-Zeitung schrieb einmal über ihn: "Terenzi kaut Fingernägel und rasiert sich die Brusthaare. Offiziell ist er 1,75 Meter groß, wirkt aber einige Zentimeter kleiner." Jetzt ist dieser Marc Terenzi Gewinner der elften Ausgabe von Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!, Sieger des Dschungelcamps 2017. Ja, genau, es hat ein Amerikaner die Telefonwahl gewonnen, den vorher niemand auf der Rechnung hatte. Als Terenzi über die mit rotem Teppich bezogenen Hängebrücken ins Baumhaus läuft, wird er von Moderator Daniel Hartwich mit einer Frage begrüßt: "Bist du bei Twitter?" Der designierte Dschungelkönig antwortet: "Gleich."
An dieser Stelle wird das grundlegende Problem von Vergleichen deutlich: Sie passen selten. Trump suchte im Fernsehen Angestellte. Terenzi sucht im Fernsehen eine Anstellung. Trump verdiente Geld mit Häusern und galt als Geschäftsmann ohne Skrupel. Terenzi verdient Geld mit seinem Körper und hat einen Stripper-Kodex: Das beste Stück bleibt bedeckt ("Because gibt's immer noch fantasy"). Trumps Hybris und seine Anmaßung sind so gewaltig, dass er meint, auf 140 Zeichen Politik machen zu können. Terenzis Wunsch nach medialer Aufmerksamkeit und sein Schuldenberg sind so gewaltig, dass er sich im Fernsehen erniedrigen und blöde Fragen stellen lässt.
Auf die Frage "Warum wurde ausgerechnet Marc Terenzi Dschungelkönig?", gibt es zwei Antworten. Die Konkurrenz war schwach (im Finale verwies Terenzi eine TV-Maklerin mit Ticks und einen Mann mit Namen "Botox-Boy" auf die Plätze). Und Marc Terenzi war unwillig, mehr zu tun, als Liegestütze zu machen, seine Haare zu richten und Komplimente an Frauen mittleren Alters zu vergeben. Darin war er authentisch. Und man kann wohl sagen: Der 38-Jährige hat sich in einer Welt, die nach gnadenlosen, aufmerksamkeitsökonomischen Regeln funktioniert, so etwas wie Prinzipen erhalten.
Marc Terenzi passieren die Dinge im Leben
Terenzi nutzte weder den Umstand, dass mit Gina-Lisa Lohfink eine seiner Ex-Freundinnen im Camp war, zur persönlichen Profilierung. Noch nutzte er seine Chance, im Finale zu punkten - und das, obwohl ihm RTL extra eine Ekelprüfung zugeschustert hatte. Traditionell haben Kandidaten, die hier ein letztes Mal schlucken, beste Chancen auf die Dschungelkrone. Doch Terenzi verweigerte Krokodil-Vagina und Lebend-Spinne und scheiterte daran, zwei Zitzen einer Kuh in der vorgegebenen Zeit zu verzehren. Zwei von fünf Sternen - enttäuschend, aber was soll's. Das ließe sich auch gut als Fazit unter diese gesamte elfte Staffel von Ich bin ein Star - Holt mich hier raus! schreiben. Insofern ist Marc Terenzi ein würdiger Dschungelkönig.
Er sei "totally geflashed", sagte er bei der Krönung. Es drängt sich der Eindruck auf, dass Marc Terenzi die Dinge im Leben einfach passieren und ihn staunend zurücklassen.
Anfang der Zweitausender wurde er bekannt als Mitglied der Boyband Natural. Manager war der umtriebige Lou Perlman, der Terenzi gut auf seine spätere Fernsehkarriere vorbereitet haben dürfte. Perlman, Gründer der Backstreet Boys und von NSYNC, stand im Ruf, seinen Angestellten Unfug wie eine eigene Persönlichkeit schnell auszutreiben. Später heiratete Terenzi die deutsche Popsängerin Sarah Connor und bekam mit ihr zwei Reality-TV-Shows und zwei Kinder (ziemlich genau in dieser Reihenfolge). Noch später traf er zwei andere Frauen und wurde zwei weitere Male Vater (keine zeitliche Parallelität impliziert).
"I date, when I can"
Passiert. Am Dschungel-Lagerfeuer erzählte Terenzi von einem Streit mit seiner Ex (nicht näher definiert, welche), die ihn auf Unterhalt verklagt habe, obwohl er bezahle, und sein Kind (nicht näher definiert, welches) ständig in die Medien zerre. In Mitcamper Jens Büchner fand er einen mitfühlenden Zuhörer - "Mallorca-Jens" hat selbst fünf Kinder von drei Frauen. Ein paar Tage darauf sagte Terenzi an gleicher Stelle "I date, when I can" und ließ sich von Kandidatin Kader Loth das Sixpack streicheln. Vielleicht stehen diese Episoden in Verbindung zueinander, vielleicht nicht.
In der Show erzählte der Amerikaner Terenzi auch, dass er bei der US-Wahl für Trump gestimmt habe. Sein Manager dementierte das später. Wir leben, so heißt es, in einer Welt der alternativen Fakten. Ob es zu denken geben muss, dass das deutsche Publikum einem Mann seine Stimme gegeben hat, der, wie die Bild einst schrieb, seine Naturlocken jeden Morgen mit einem Glätteisen zu einer Geht-gar-nicht-Frisur vergewaltige, kann deshalb an dieser Stelle nicht beantwortet werden. Vermutlich ist es aber egal: Manchmal hat das Kleine bei aller Überhöhung nichts im Großen zu suchen. Das Dschungelcamp ist am Ende doch nur eine Unterhaltungsshow. Und in der hat der neue Dschungelkönig die letzten Worte:
"Ich hätte nicht das erwartet, das was anglaublich and anvergesslich, das was einzigartig in mein Leben, ich werde das niemals vergessen. Und danke euch alle, dass ich hier sitze auf Drohne."