Dreiteiler "Unsere wunderbaren Jahre":Große Chance

Event-Dreiteiler ´Unsere wunderbaren Jahre"

Elisa Schlott spielt Ulla Wolf, die nach dem Krieg die neue Welt mit offenen Armen empfängt. Gegen all die Opulenz und Klischeehaftigkeit der Verfilmung kommen die Schauspielerinnen in Unsere wunderbaren Jahre aber kaum an.

(Foto: Willi Weber/UFA Fiction/WDr/dpa)

Der WDR verfilmt Peter Pranges Bestseller "Unsere wunderbaren Jahre" als glamouröses Nachkriegsspektakel - allerdings haben die Schauspielerinnen und Schauspieler ein Problem.

Von Hans Hoff

Was für eine Chance muss das sein, wenn man einen Bestseller wie "Unsere wunderbaren Jahre" von Peter Prange verfilmen darf, der von aufstrebenden Menschen in der deutschen Nachkriegszeit handelt, von der Währungsreform, von den Schatten der Vergangenheit und vom großen Wollen junger Seelen in den starren Fesseln einer Firmentradition? So viel könnte man da zeigen, wenn man auch noch viereinhalb Stunden Zeit hat und sich drei Teile lang einem Stoff widmen kann, der einen weiten Blick in eine sehr besondere Zeit öffnet.

Die Optik stimmt, sie wird veredelt von künstlerischen Unterwasseraufnahmen

Die Geschichte, die der Dreiteiler Unsere wunderbaren Jahre erzählt, geht so: In Altena gibt es 1948 neues Geld, 40 Mark für jeden. Das ist bedeutsam für die Sauerlandstadt, vor allem aber bedeutsam für die drei Töchter der Fabrikantenfamilie Wolf, die hin und her gerissen werden zwischen verrückt spielenden Hormonen, zu überwindenden Kriegstraumata und der Verantwortung für den elterlichen Betrieb, in dem Teile der neuen Währung hergestellt werden. Irgendwie taumeln alle zwischen dem, was nötig, und dem, was möglich ist. Die Wirtschaftswunderjahre beginnen, alles beginnt zu brummen, aber da sind auch die dunklen Schatten der Vergangenheit, die auch auf die sich tadellos gebende Familie Wolf fallen. Gerade hat der ach so ehrenwerte Patriarch seine Tochter Margot verstoßen, weil die von ihrer Ehe mit einem SS-Mann nicht lassen will, da taucht eine Anklage gegen ihn auf, denn sein Metallbetrieb soll Stacheldraht für ein KZ geliefert haben.

Robert Krause und Florian Puchert haben aus Teilen von Pranges Bestseller ein Drehbuch gemacht, das sich schwertut, echte Intensität zuzulassen, weil es nie den weiten Blick wagt, sondern sich immer wieder verheddert im Seelenschmerz einzelner Protagonisten. Die Intensität schafft auch Regisseur Elmar Fischer nicht heran, denn er zieht prachtvolle Bilder einer wirklich packenden Geschichte vor. Glänzen darf hier vor allem die Ausstattung. Gezeigt werden sehr schöne Bilder vom damaligen Deutschland, das niemals so schön poliert ausgesehen haben kann, wie es hier suggeriert wird. Es ist, als blättere man in einem Fotoalbum, in dem nur die schönsten und am effektvollsten ausgeleuchteten Bilder gesammelt wurden. Die Optik stimmt also, und sie wird veredelt von künstlerischen Unterwasseraufnahmen, von verwackelten Traumbildern und extensivem Einsatz der Krankamera.

Gegen so viel Opulenz haben die Schauspielerinnen nur eine geringe Chance. Selbst Elisa Schlott, die der Tochter Ulla Wolf wenigstens ein bisschen Kontur zu geben versucht, scheitert rasch an der Klischeehaftigkeit der Geschichte. Sie muss sich in den jungen aufbegehrenden Tommy Weidner (David Schütter) verlieben, obwohl sie doch eigentlich einem anderen zugetan ist. Aber dieser Tommy wird als Westentaschen-James-Dean von Altena eingeführt, den alle wollen und viele kriegen. Immer wieder muss er sich von der Damenwelt zum spontanen Beischlaf drängen lassen. Überhaupt gibt es so viel Beischlaf in diesen drei Filmteilen, dass man rasch den Eindruck gewinnt, die ausgehungerten Menschen im Nachkriegsdeutschland hätten nichts nötiger gehabt als Sex.

Derweil muss Anna Maria Mühe als Margot Wolf die lange unbelehrbare Nazibraut geben, die verstoßen wird, damit die Familienehre nicht befleckt wird. Aber auch diese Rolle erstarrt rasch im Klischee, im optischen Zitat. Da hat Mühe keine Chance gegen die hölzerne Vorlage. Sie muss immerzu ernst und sorgenvoll gucken, weil die Zeiten nun mal ernst und sorgenvoll sind. Hier die lebensbejahende Ulla, die eigentlich Medizin studieren will und die neue Welt mit offenen Armen empfängt, dort die hölzerne Margot, die sich verzweifelt ans Gestern klammert. Verwirrt laviert Vanessa Loibl als labile Gundel Wolf zwischen den von ihren Schwestern markierten Polen.

Ja, das ist wohl eine ausgemachte Sache, dass es ein Quotenerfolg werden wird

Wie wenig die Regie den Schauspielerinnen zugetraut hat, sieht man, wenn man auf die Kameraführung achtet. Immer wenn es hochwichtig, bedrohlich oder sonst wie heikel wird, zoomt sich die Kamera an die betreffende Person heran. Die könnte das natürlich auch spielen, weil ja gute Schauspielerinnen in den prächtigen Kostümen stecken, aber so viel Risiko wollte man dann wohl doch nicht eingehen. Deshalb muss die Kamera suggestiv heranfahren, damit auch der Hinterletzte merkt, wohin der Hase läuft.

Das Defizit der vernachlässigten Story wird dann noch mit einer mächtigen Filmmusik bemäntelt. Die große Klangsoße von beinahe amerikanischen Blockbusterausmaßen erstickt jegliche Feinheit, die man der Geschichte gerne zugestehen würde. Stattdessen wird hier Opulenz zum Maß der Nachkriegsstunde erhoben. Und dann ist da noch die ganz und gar unglücklich agierende Filmmutter Christel Wolf, in deren Rolle Katja Riemann krachend scheitert, weil sie immer nur wirken darf wie ein humpelnder Kleiderständer.

Ganz offensichtlich soll sie alles Hölzerne der Nachkriegszeit verkörpern und die auseinanderdriftende Familie zusammenhalten. Aber sie hat keine Chance gegen Buch und Regie. Ein bisschen besser trifft es da schon Thomas Sarbacher, dem als Patriarch Eduard Wolf wenigstens ein Hauch von Profil zugestanden wird. Aber letztlich wirkt auch er nur wie ein Hilfloser, den man da durch die kunstvoll ausgeleuchteten Kulissen schiebt.

Natürlich ist das großes Fernsehen mit tollen Bildern, dass es ein Quotenerfolg werden wird, ist fast ausgemachte Sache. Denn wer sich gern von der Regie klar vor die Emotionstore führen lässt, findet sich hier gut zurecht. Die Geschichte, die erzählt wird, ist nachgerade wurscht. Auf diese Weise haben Soaps vom Schlage Rote Rosen oder Traumschiff seit Ewigkeiten Erfolg.

Was also macht der WDR insgesamt aus seiner Chance? Ein ausgefranstes Rührstück, das als Familiensaga startet und schnell zur quietschbunten Soap gerät. Mit viel Farbe werden die grauen Jahre nach dem Krieg koloriert, werden verfilmte Ansichtskarten aneinandergereiht und ein streckenweise unerträgliches Panoptikum aus Schwulst, Schmalz und Schmonzes gezeigt.

Unsere wunderbaren Jahre, Das Erste, 18./ 21./ 25. März, jeweils 20.15 Uhr und Mediathek.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: