Dreharbeiten beendet:Honig im Kopf

'Udo Honig - Kein schlechter Mensch' Photocall And Filming

Nicht weinen, Uli...äh, Udo: Uwe Ochsenknecht als Udo Honig, Präsident des FC Rot-Weiß Oberbayern, inmitten seiner Getreuen.

(Foto: Joerg Koch/Getty Images)

Sat 1 verfilmt den Fall Uli Hoeneß als "großen Spaß" - ob die Bayern-Fans den auch verstehen?

Von Ralf Wiegand

Am letzten Drehtag hat Udo Honig (gespielt von Uwe Ochsenknecht) zusammen mit dem Gefängnisdirektor Ludwig Moser (Heiner Lauterbach) noch schnell ein paar Transfers abgewickelt. Zwei brasilianische Einbrecher und ein kroatischer Trickbetrüger wechseln die Anstalt und kicken künftig für die Knast-Elf der JVA Bergland, in der Honig einsitzt. Allesamt gute Fußballer, heißt es, natürlich. Um guten Fußball geht's ja immer im Leben von Männern, den anständigen wie den kriminellen.

Dieser Udo Honig ist erstaunlicherweise beides: anständig und kriminell. "Udo Honig - kein schlechter Mensch" lautet deshalb auch der Arbeitstitel, unter dem UFA Fiction für den Sender Sat 1 eine Satire über jenen Mann gedreht hat, der sich hinter der Kunstfigur Udo Honig verbirgt: Uli Hoeneß. Der ehemalige Präsident des FC Bayern war im März 2014 wegen Steuerhinterziehung in Höhe von 28 Millionen Euro zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden. "Die Idee zu dem Film entstand noch vor dem Urteil", sagt Produzent Joachim Kosack, "bei solchen Stoffen muss man schnell sein." Tatsächlich wurden im Mai 2014 Pläne des ZDF zum Fall Hoeneß publik, Arbeitstitel "Der Patriarch".

Sat 1 scheint dieses Rennen um die filmische Deutungshoheit der Personalie Hoeneß nun zu gewinnen. Niemand werde durch den Kakao gezogen, der Film sei nicht böse, sondern "ein großer Spaß", sagt Produzent Kosack. Die Ausstrahlung von "Udo Honig" ist für den Herbst geplant. Vergangenen Dienstag ist in der Bavaria Filmstadt in München-Grünwald die letzte Szene abgedreht worden, die Presse durfte sogar schon ein paar Szenen aus dem Film ansehen, drei Minuten ungefähr, um einen Eindruck von der Stilistik zu bekommen. Man sieht unter anderem, wie dieser Udo Honig auf Knien den Gefängnisboden putzt und sogleich eins in die Fresse bekommt - draußen mag er eine große Nummer gewesen sein, hier drinnen sind andere die Chefs.

"Ich hab' seit längerer Zeit mal wieder die Hosen voll" sagt Uwe Ochsenknecht, der den Udo Honig spielt. Der FC Bayern München hat ungefähr zehn Millionen bekennende Anhänger im Land, und nicht wenige von denen sind überzeugt, dass ihrem großen Zampano Hoeneß schweres Unrecht widerfahren ist. Denn der habe ja mehr geleistet als verbrochen, so sehen sie das. Nun hat zwar ein Männerchor aus Oberbayern, darunter auch viele Anhänger des FC Bayern, in dem Film mitgespielt, "und die fanden das gut", sagt Ochsenknecht. Aber die große, rot-weiße Masse? Es ist mehr Hoffnung als Gewissheit, wenn Ochsenknecht sagt: "Es gibt auch Fans mit Humor."

Das selbstironische Potenzial des FC Bayern wird wohl auf eine harte Probe gestellt werden. Franz Kaiser, Paul Greitner, Horst Hofersee (!) heißen die Figuren rund um Udo Honig, der einzigen Rolle, bei der die Drehbuchschreiber auch den Vornamen der realen Vorlage verändert haben - obwohl sie Ochsenknecht wie die anderen Darsteller (Hannes Jaenicke als Franz Kaiser, Wolfgang Fierek als Paul Greitner) auf maximale Ähnlichkeit zu den realen Vorbildern gestylt haben. Hoeneß hat sich schon während der Ermittlungen wahnsinnig darüber aufregen können, wenn die Presse mehr wusste als seine Anwälte und als wahr verkaufte, was er ganz anders sah. Er wird in der Nachbereitung seiner Geschichte kaum milder sein; keine der bisher erschienenen Biografien ist von ihm oder seiner Familie autorisiert worden, und wie es ihm im Gefängnis ergeht, darüber gibt es nur Halbsätze von Dritten. Hoeneß ist inzwischen Freigänger und arbeitet in der Jugendabteilung des FC Bayern.

Der FC Bayern, im Film zum FC Rot-Weiß Oberbayern verfremdet, hat mit der Produktion nicht zusammen gearbeitet - die hat aber auch gar nicht erst angefragt. Szenen im Stadion wurden nicht in der Fröttmaninger Arena, sondern im Berliner Olympiastadion gedreht, auch für die Einstellungen in der JVA nutzte das Team einen Leerstand in der Hauptstadt. Immerhin für den Marienplatz und im Rathaus gab es Drehgenehmigungen. "Hoeneß ist eine Persönlichkeit, die polarisiert", sagt Anja Metzger vom FilmFernsehFonds Bayern, der die Produktion gefördert hat, "das ist nicht bei allen Motivgebern auf die gleiche Begeisterung gestoßen."

Regisseur und Drehbuchautor Uwe Janson beschäftigt sich nicht zum ersten Mal mit einem derart speziellen Polar-Bayern. Im Film Der Minister verarbeitete er 2013 ebenfalls auf satirische Weise die Geschichte von Karl-Theodor zu Guttenberg, dem ehemaligen Verteidigungsminister. Die Parallelen sind unübersehbar: Der Politiker wie der Fußballfunktionär waren dem Höhepunkt ihrer Popularität und ihres Erfolgs nahe, als sie über sich selbst stolperten. Guttenberg wegen seiner Plagiatsaffäre, Hoeneß wegen seiner Steueraffäre. Beiden hielt aber auch nach dem Fall eine große Anhängerschaft die Treue. Bei solchen ambivalenten Figuren seien "kurzfristige Antworten langweilig", sagt Regisseur Janson, "interessante Fragestellungen sind viel spannender." Und die seien mit dem Stilmittel der Satire eben leichter zu realisieren als in einem Doku-Drama wie Der Rücktritt, in dem Jansons Kollege Thomas Schadt den Fall Wulff aufarbeitete.

Der Minister war tatsächlich ein lustiges Stück Fernsehen, das macht Hoffnung für "Udo Honig". Ein moralisches Urteil will der Film nicht fällen, und Uli Hoeneß gefallen muss er selbstverständlich auch nicht. "Ich allerdings", sagt Uwe Ochsenknecht, "wäre schon stolz, wenn man mein Leben verfilmen würde."

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