Süddeutsche Zeitung

"Dr. House" geht in die letzte Runde:Es ist nie Lupus

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Zum Auftakt der achten Staffel erwacht Gregory House im Gefängnis. Auch wenn er dort mit den vertraut-sarkastischen Sprüchen seine Mitgefangenen zur Weißglut bringt: Er überlebt. Muss er auch, schließlich sind bis zum endgültigen Finale der Erfolgsserie noch 21 Folgen zu überstehen.

Lena Jakat

Er ist alt geworden, die Haare grauer, die Falten deutlich tiefer, der Gang noch ein bisschen gebeugter. Kein Wunder, ist es doch gut sieben Jahre her, dass Dr. Gregory House zum ersten Mal über die Flure des Princeton Plainsborough Hospitals humpelte. Und schließlich sitzt er im Gefängnis. Genauer gesagt: Vor einer Jury, die über seine vorzeitige Haftentlassung entscheiden soll. Hier, in einem namenlosen Gefängnis, soll also das Ende seinen Anfang nehmen. In knapp zwei Dutzend Folgen geht die achte Staffel der Erfolgsserie zu Ende. Es wird nach 177 Episoden die letzte sein, wie die Produzenten Anfang Februar bekannt gaben.

Eigentlich hätte die Serie um den kauzigen bis menschenverachtenden Diagnostiker mit dem schmerzenden Bein auch mit dem Finale der vorangegangenen Staffel ein versöhnliches Ende finden können: House, der Lisa Cuddy, seine große Liebe und Chefin, zuerst bekommen und dann verloren hat, rast mit dem Auto mitten in ihr Wohnzimmer, steigt aus und gibt ihr ihre Haarbürste zurück. In der letzten Szene blickt ein erleichterter House an irgendeinem Sandstrand aufs Meer hinaus.

Nicht der Typ für den Ritt gen Sonnenuntergang

Doch das wäre fast zu viel des Happy Ends für eine Serie wie House, die sich darum dreht, mithilfe von fragwürdigen medizinischen Methoden und ordentlich Sarkasmus die Abgründe der Menschen zu entlarven. "Er ist nicht der Typ, der in den Sonnenuntergang reitet; das würde sich nicht richtig anfühlen", sagte Erfinder David Shore schon vor einiger Zeit. Also musste es weitergehen.

Im Gefängnis. Allein der Ort wäre kaum steigerungsfähig. House hat zu früheren Staffelanfängen eine Schussverletzungen überlebt, ist in einer Entzugsklinik aufgewacht, war sogar schon einmal in der Todeszelle - wenn auch nur als Arzt. Jetzt also Knast. Wie sollte eine neunte Staffel auch beginnen, um das zu toppen? Mit House in der Hölle?

Im Gefängnis hat House Allianzen geschmiedet (mit einem depressiven Bodybuilder, der eine Grille als Haustier hält und einem schachspielenden Alten) und sich Feinde gemacht (dem Anführer einer Nazi-Gang). In einem vertrauten Motiv wird dem Mediziner auch diesmal - wie zuvor seine Ex-Freundin, das Trugbild einer Toten und nicht zuletzt Lydia, gespielt von Franka Potente - eine Frau zur Seite gestellt. Diesmal handelt es sich um eine junge Ärztin, die ihren Job auf der Krankenstation riskiert, als sie den Rat der gefallenen Koryphäe befolgt.

Doch nicht nur diese Konstellation wirkt wohltuend vertraut, zumindest für House-Jünger, die, in Einschaltquoten gemessen, allerdings deutlich weniger geworden sind: Konnte die dritte Staffel bei RTL noch satte 30,9 Prozent erzielen, waren es bei der letzte nur mehr 18,2 Prozent. Zwar hat der unverbesserliche Egozentriker House ein wenig Glanz eingebüßt, indem er die Haftstrafe mehr oder minder freiwillig angetreten hat. Doch nach all den Eskapaden der vergangenen Folgen (Gift für die Schwiegermutter in Spe, Scheinehe mit einer Prostituierten, Selbst-OP in der Badewanne), konzentriert sich der Doktor wieder auf das Wesentliche, das die Drehbuchschreiber zuletzt etwas aus den Augen verloren hatten: Auf medizinische Rätsel, Vicodin und bissige Sprüche.

"Ich bin Jude. Nein halt, ich bin ein schwarzer schwuler Zigeuner"

Der Fall selbst greift einen Running Gag aus der Frühzeit der Arztserie auf: Nach langer Zeit ist es wieder einmal nicht Lupus. Zeitweise wurde die Autoimmunkrankheit so oft erwähnt, dass es den Machern der Serie gar die Ehrung einer Lupus-Stiftung einbrachte - und vermutlich ein paar Millionen Dollar durch den Verkauf von "It's not Lupus"-T-Shirts.

Vicodin war vor Dr. House in Deutschland wohl genauso unbekannt wie der Hauptdarsteller der Serie, Hugh Laurie. Jetzt weiß man über Laurie, dass er ein Vorzeige-Brite ist, der in Eton und Cambridge lernte und ruderte. Dass er mit Stephen Fry eine Comedy-Serie hatte. Dass er Jazz macht ( "Diese Musik hat viel mehr mit mir zu tun als die Figur Dr. House", sagte er dem SZ-Magazin) und Bücher schreibt. Über Vicodin weiß man jetzt, dass es gegen Schmerzen hilft, Bewusstseinsstörungen hervorrufen kann und abhängig macht.

Und auch der böse Humor, den einige zwischenzeitlich verloren geglaubt haben, ist zurück. Als er im Gefängnis einem Mann mit tätowiertem Hakenkreuz auf der Brust und dem Namen Mendelsson gegenübersteht zum Beispiel: "Ich bin Jude. Nein halt, ich bin ein schwarzer schwuler Zigeuner."

So ein Spruch könnte im Gefängnis tödlich enden. Nicht aber für Gregory House. Der muss schließlich noch 21 Folgen überstehen.

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