Dortmund-Trainer brüskiert SWR-Reporter:"Du Seuchenvogel"

Nach Borussia Dortmunds Spiel gegen Kaiserslautern redet sich Jürgen Klopp gegenüber einem SWR-Reporter in Rage. Der Monolog des Trainers ist Realsatire - und hat eine Vorgeschichte.

Christopher Keil

Vor drei Monaten wurde ein amüsanter Beitrag ans öffentliche Brett geheftet. Der Clip, den man bei YouTube abrufen konnte, zeigt Fußball-Trainer Jürgen Klopp von Borussia Dortmund im ernsten Gespräch mit Arnd Zeigler. Sonntags um Mitternacht läuft Zeiglers wunderbare Welt des Fußballs.

1. FC Kaiserslautern - Borussia Dortmund

Dortmunds Trainer Jürgen Klopp erteilte dem SWR-Reporter Stephan Mai am vergangenen Wochenende eine ungewöhnlich deutliche Interview-Absage.

(Foto: dapd)

Das Interview mit Klopp war Satire für die Sendung des Westdeutschen Rundfunks. Zeigler problematisierte einen klaren Sieg der Dortmunder bei Hannover 96, und Klopp legte die passende Stereotype auf, Antworten wie: Es könne gut sein, dass seine Mannschaft gegen ihn spiele. Oder, dass er sie nicht mehr erreiche.

Nun ist wieder eine Art Interview Klopps in Umlauf. Es ist real, was man für einen Augenblick und angesichts der Vorgeschichte kurz anzweifelte. Es entstand am vergangenen Wochenende, als Dortmund in Kaiserslautern spielte.

Klopp traf nach dem Schlusspfiff auf einen Reporter des Südwestrundfunks (SWR), der eine Stellungnahme brauchte. Es wurde ein Moment, der für Jahresrückblicke genommen wird, ein zum Brüllen komischer Monolog, 30 Sekunden Realsatire.

"Musst du hierher oder was?"

Klopp also, mit beinahe normaler Stimme:

"Leck mich am Arsch, wirklich, ohne Witze. Dir ein Interview zu geben, da hab ich Bock drauf wie Zahnweh (Klopp unterquert eine Absperrung und stellt sich vor eine so genannte Interview-Wand, die mit den Logos sämtlicher Sponsoren der Kaiserslauterer beklebt ist). Dass du vorm Spiel auch noch so blöd lachst. Musst du hierher oder was? (Klopp scheitelt seine Haare) Seuchenvogel. Habe ich nur einmal 'nen Punkt geholt oder irgendwas gemacht, wenn du da warst? (Klopp blickt dem nicht groß gewachsenen Reporter nun von oben herab ins Gesicht) Ihr habt 50 Leute beim SWR, und du kommst (kurze Pause) - um Spaß zu haben, und sagst mir vorm Spiel noch: Tut mir leid, kann's auch nicht ändern." - "Ich kann nichts dafür", plädiert jetzt der Reporter, leise. - "Und deswegen gibt's auch kein Interview mehr", sagt Klopp, fast leise, und schreitet aus dem Blickfeld.

Bei ungefähr 50 Auswärtsspielen der von Klopp betreuten Bundesligavereine Mainz und Dortmund war der Reporter, sein Name ist Stephan Mai, dabei. Nicht ein Spiel konnte Klopp mit Mainz oder Dortmund gewinnen, wenn Mai für die regionale Pfälzer Sportsendung Flutlicht berichtete.

Gegen Kaiserslautern reichte es diesmal zu einem 1:1. Es war, wenn man so will, eine schicksalhafte Begegnung zwischen Trainer und Journalist, die der SWR umgehend auf sein Online-Portal gestellt hat. In einem Begleittext wird Reporter Mai zitiert: "Mein Gott, es ist ihm halt rausgerutscht."

Rausgerutscht ist an diesem Dienstag auch dem SWR so etwas wie eine "Stellungnahme", die sich allerdings wie eine Erklärung der "Sportredaktion Fernsehen in Rheinland Pfalz" liest. Und wenn Realsatire erklärt werden muss, wird es richtig lustig.

Spielbericht durch Beziehungsgeschichte ersetzt

So ist zu erfahren, dass Klopp schon am vorletzten Spieltag der Saison 2003/2004 "das unbefriedigende Ergebnis auf die Anwesenheit des SWR-Reporters" zurückgeführt habe, dass "auch 2011 in der emotionalen Welt des Fußballs vereinzelt Aberglaube eine nicht unerhebliche Rolle" spiele.

Dem Reporter sei in Kaiserslautern nichts anderes übrig geblieben, "als die Absage mit Bedauern zur Kenntnis zu nehmen". Man habe für die Sendung Flutlicht den Spielbericht durch eine Beziehungsgeschichte "mit Augenzwinkern" ersetzt. "Aus Rechtegründen (Spielbilder) ist es nicht möglich, den vierminütigen (kompletten) Film im Online-Angebot des SWR anzubieten."

Irritiert verfolgen die öffentlich-rechtlichen TV-Sportler die virale Verbreitung ihrer Bilder im Internet. Das Zusammentreffen von Trainer und Reporter sei inzwischen "isoliert abrufbar und hat eine Dynamik entwickelt, die mit der Absicht der Sportredaktion nichts mehr zu tun hat".

Wie viele Millionen stecken ARD und ZDF in den Ausbau ihrer Online-Programme? Und was für Absichten hat die Pfälzer Sportredaktion wohl? Sicher die allerbesten, das ist das Schlimme für Klopp.

Denn ihm wünschen die SWR-Leute nun - persönlich selbstverständlich, nicht beruflich - "auch den Meistertitel".

Sollte Jürgen Klopp abergläubisch sein, hat er jetzt ein Problem.

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