Dokumentation:Von Tolle zu Tolle

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Graceland vor Alpenpanorama: Andreas Gabalier, der Mann aus der Volksmusikwelt, erinnert zum 80. Geburtag an Elvis Presley.

Von Bernd Graff

Andreas Gabalier ist ja so etwas wie die Helene Fischer der Lederhose. Das sagt rein gar nichts über die Sanges- und Darbietungsqualitäten von Gabalier, Fischer und Lederhose aus. Doch deutet es an, in welcher Liga hier ums und ins Herz gesungen wird. Das hat bei aller sanften Strahlkraft immer auch etwas rhythmisch Hüpfendes, etwas fieberbackig Aufgeregtes - so wie Erstklässler, die unbedingt eine Frage der Lehrerin beantworten oder signalisieren wollen, dass sie mal ganz dringend müssen. Ein mitklatschfreudiger Musikstil, der auf jeden Fall samtäugig verschmitzt rüberkommt, hirschledern kokett, aber auch irgendwie hasig mit gekräuseltem Näschen und lausbübischen Wangengrübchen: "Liab" eben, wie man im Alpenraum sagt, oder auch atemlos, schwindelfrei, großes Kino für uns zwei.

Nun hat man sich beim Sender Vox überlegt, dass man Andreas Gabalier eine dreieinhalbstündige Sendung präsentieren lässt: Elvis lebt! Der King wird 80. Präsentieren heißt hier, dass Gabalier mit dem allerweichesten Rolle-R in der Stimme und zwischen gut gepolsterten Massivholzmöbeln vor korrekt geknickten Sitzkissen und knackendem Kaminfeuer ab und zu schmiedeeiserne Erinnerungen an die persönliche Elvis-Sozialisation einstreut. Er sagt dann leicht bekömmliche Sachen wie: "Elvis begleitet mich nun schon mein ganzes Leben lang, und nicht nur, seitdem mich die Presse den Alpen-Elvis getauft hat." Oder: "Mein Vater hat mich in seine Vinyl-Schallplatten-Sammlung von Elvis eingeweiht." Oder: "Elvis war Sex-Symbol einer ganzen Generation. Er hat alles verändert: Die Sprache, die Musik und die Kleidung." Oder auch: "Mein Vater hat mir mal erzählt von diesem Tag, an dem die Todesnachricht vom Elvis um die Wellt geschnellt ist. Das ist schon für ein Millionenpublikum auf der ganzen Welt eine Riesentragödie gewesen." Ja, war es für Mensch wie Publikum.

Doch sollte man nicht zu hochnäsig richten. Andreas Gabalier macht das gut, soweit man ihn lässt. Denn er wäre in dieser ordentlichen, aber erschütterungsfreien Elvis-Doku anlässlich des 80. Geburtstags des Kings am 8. Januar wohl zu mehr fähig gewesen als zu ein paar auswendig gelernten Zirbelstubenkommentaren. Sie zerren die Tragödie von Graceland zudem vor ein Alpenpanorama, vor das sie einfach nicht gehört (und von dem Beitrag auch nicht verortet werden kann). Musikalisch wird man weder Gabalier noch Elvis gerecht, wenn man sie so zusammenbringt und damit lediglich schiefsitzende Assoziationen produziert. Dennoch, und das belegt dieses (dann für nicht eingeschworene Elvis-Fans doch auch längliche) Geburtstagsfeature, das stark von Interviews mit Elvis' Ex-Frau Priscilla Presley lebt - in Gabalier steckt ein äußerst bühnenpräsenter Entertainer, den mit Elvis mehr verbindet als der Hüftschwung in der Krachledernen, eine gut gekämmte Tolle und eine cool sitzende Lederjacke.

Das Feature, das bereits nach nicht einmal zehn Minuten ausführlich von Elvis' Ende berichtet, lässt die üblichen Zeitzeugen und professionellen Einordner zu Wort kommen, begleitet Elvis-Imitatoren und befragt sie nach ihrer Motivation, erinnert an die Anti-Drogenmission des stark medikamentenabhängigen King - er nahm 13 000 Tabletten im Jahr zu sich -, die ihn samt Entourage vor Präsident Nixon führte, und erinnert noch einmal daran, dass Elvis im Jahr 1973 mit dem fast über den ganzen Erdball ausgestrahlten Konzert "Aloha from Hawaii" fast eine Milliarde Menschen erreicht hat - mehr als 1969 die Mondlandung im Fernsehen.

Heute wäre Elvis 80. Nicht auszudenken.

Elvis lebt! Der King wird 80 - Präsentiert von Andreas Gabalier , Vox, 3. Januar, 20.15 Uhr.

© SZ vom 02.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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