Dokumentarfilm über Gustl Mollath:"Und plötzlich bist du verrückt"

"Mollath - Und plötzlich bist du verrückt" - Film mit und über Gustl Mollath

Gustl Mollath - hier als Hauptdarsteller in dem Film "Und plötzlich bist du verrückt" über seine eigene Geschichte.

(Foto: Filmfest München)

Dieser Text erschien erstmals im Juni zur Kino-Premiere von Mollath - Und plötzlich bist du verrückt. Am Dienstagabend, 22.45 Uhr, zeigt der BR den Film - aus diesem Anlass präsentieren wir Ihnen die Besprechung erneut.

TV-Kritik von Josef Grübl

"Wem soll man noch vertrauen?" Das ist die zentrale Frage, die einen nach diesem Film noch lange beschäftigt, ausgesprochen wird sie vom Protagonisten selbst. Gustl Mollath hat sich diese Vertrauensfrage in den vergangenen Jahren oft gestellt, auf dem 33. Filmfest München feiert jetzt ein Dokumentarfilm über seine Geschichte Premiere: "Mollath - Und plötzlich bist du verrückt" wirft einen Blick auf den Menschen Mollath und die Macht von Staat und Medien.

Richtig gut kommt keiner von ihnen dabei weg. Was Frau Justitia angeht, gab es in Bayern in den vergangenen Jahren einen deutlichen Vertrauensverlust. Eine Reihe von Justizskandalen erschütterte den Freistaat, sei es die Berufung eines Neonazis in ein Richteramt oder die unfreiwillige Freilassung eines mutmaßlichen Vergewaltigers. Am meisten erregte die Bürger aber der Fall von Gustl Ferdinand Mollath, der siebeneinhalb Jahre in der geschlossenen Psychiatrie festgehalten wurde. Dort würde er vermutlich heute noch sitzen, wenn die Medien nicht auf ihn aufmerksam geworden wären und ausgiebig über seinen Fall berichtet hätten.

Anwalt, Journalisten und Unterstützer kommen zu Wort

Der gebürtige Nürnberger kam frei und löste eine Debatte über die Unterbringung in psychiatrischen Kliniken aus. Die beiden Filmstudentinnen Leonie Stade und Annika Blendl von der HFF München haben ihn in der Zeit nach seiner Entlassung bis zum Beginn des Wiederaufnahmeverfahrens begleitet; sie ließen seinen Anwalt, Journalisten und Unterstützer zur Wort kommen. Ein großartiges Thema für einen Dokumentarfilm, passiert es doch nicht allzu oft, dass jemand innerhalb kürzester Zeit vom Opfer zum Helden wird.

Im Fall Mollath war es aber so: Seine umjubelte Entlassung aus der Psychiatrie wurde live im Fernsehen übertragen, kurz darauf saß er bereits in einer Talkshow. Sogar aufs Cover der Satirezeitschrift "Titanic" schaffte er es, im Film hält er das Magazin mit ihm als Angela-Merkel-Verschnitt lachend in die Kamera. Das soll aber nicht von der eigentlichen Sache ablenken: "Nicht einmal meinem ärgsten Feind möchte ich zumuten, was mir passiert ist", sagt er einmal.

Mollath holt sich selbst vom Sockel

Auch sonst scheint Gustl Mollath noch ganz ergriffen von seiner Geschichte zu sein und steigert sich mitunter in abenteuerliche Verschwörungstheorien hinein. Damit holt er sich selbst wieder vom Sockel, auf dem er vermutlich nie stehen wollte. Im Laufe des Films kommt es auch zum Bruch mit seinem Verteidiger Gerhard Strate, auch ihm mag Mollath nicht mehr vertrauen.

Ob er seine Ex-Frau wirklich geschlagen und Autoreifen zerstochen hat, wird sich wohl nie aufklären lassen, am Ende steht Aussage gegen Aussage. Strate sagt am Ende des Films: "Ich kann mir vorstellen, dass beide Versionen stimmen." Der Film schildert ein spannendes Stück Zeitgeschichte; er fällt kein Urteil, das ist sein größtes Plus.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: