Dokumentarfilm "Alaaf you":Liebeserklärung an den Karneval

Karnevalsauftakt

Karneval in Köln.

(Foto: Oliver Berg)

Die Dokumentation "Alaaf you" setzt ganz auf user-generated content: Karnevalisten sollen mit Kameras und Smartphones losziehen und einander filmen. Aber das könnte den Machern große Probleme bereiten.

Von Peter Sich

Karneval stand bei Regisseur Baris Aladag nicht auf der Agenda, als er vor zehn Jahren für sein Filmstudium von Stuttgart nach Köln zog. Zu präsent waren die Fernsehbilder aus den Sitzungssälen: auf den Bänken betrunken Schunkelnde, auf den Bühnen schlechte Pointen. Erst durch Eric Benz hat er gelernt, dass der Kölner Karneval weniger in Mehrzweckhallen, sondern auf der Straße und in den Kneipen stattfindet: "Es war um 180 Grad anders, als ich es in den Medien immer mitbekommen hatte. Ich fand es faszinierend, dass tatsächlich die gesamte Stadt feiert und diese Energie sofort überschwappt", sagt er.

Diese Energie wollen die beiden Filmemacher nun in einen Dokumentarfilm übertragen. Alaaf you ist der Titel des Projekts, eine Liebeserklärung an den Karneval, an Köln und an seine Bewohner. Aber wie bildet man ein Ereignis ab, das an allen Orten der Stadt gleichzeitig stattfindet und so vielfältig ist? Man müsse, sagt Produzent Eric Benz, "eine außergewöhnliche Erzählform finden, um das darzustellen". User-generated content - nutzergenerierte Inhalte - ist die Lösung: Mit Smartphones und Kameras sollen die Feiernden selbst das Bildmaterial erstellen. Entstehen soll ein multiperspektivisches Abbild einer Stadt im Ausnahmezustand.

Jede Menge Unterstützung

In Köln gibt es viel Unterstützung für den Film. Das Festkomitee Kölner Karneval, Dachverband von mehr als 100 Karnevalsgesellschaften und Organisator des Rosenmontagzugs, ist dabei. Der Camino Filmverleih soll Alaaf you in die Kinos, der WDR den Film ins Fernsehen bringen. Und das Film- und Fernsehfestival Cologne Conference hat die Macher eingeladen, ihr Projekt an diesem Dienstag vorzustellen.

Dass ein solches Projekt funktionieren kann, haben der Regisseur Kevin Macdonald und die Internet-Videoplattform Youtube schon 2011 mit der Doku Life in a Day gezeigt. Etwa 80.000 Clips hatten die Nutzer damals hochgeladen, herausgekommen ist ein 95-minütiges Kaleidoskop globaler Lebenswelten. Von Life in a Day unterscheidet sich Alaaf you nicht bloß durch den engeren thematischen Zuschnitt. Mit dem Partner Youtube war es leicht, die möglichen Videomacher zu erreichen.

Das Projekt steht und fällt mit einer funktionierenden Infrastruktur. Und die Karnevalsgänger müssen natürlich erfahren, dass sie Aufnahmen von sich machen sollen. Neben der Website alaaf-you.com gibt es dafür eine eigens entwickelte Smartphone-App. Die soll mit einem Freundefinder und mit Partytipps nicht nur Funktionen bieten, die im Karneval das Überleben sichern, sondern den Nutzern auch bei der technischen Handhabung des Filmmaterials helfen, von der Aufnahme bis zum Upload. Bis Februar 2014 will man möglichst viele Menschen animieren, in den sechs Tagen von Altweiberfasching bis Aschermittwoch so viel wie möglich zu filmen.

Auf etwa 900.000 Euro beziffern die Macher die Kosten des Projekts, viel Geld fließt in die umfangreiche und langwierige Postproduktion. Denn wenn am Aschermittwoch alles vorbei ist, beginnt für Eric Benz und Baris Aladag die eigentliche Arbeit am Film. Wenn alles gut läuft, werden viele Stunden an Material gesichtet, bearbeitet und geschnitten. Und dann ist da noch die diffizile Rechtslage. Vor allem bezüglich der Persönlichkeitsrechte ungefragt Gefilmter sieht Eric Benz Probleme auf das Team zukommen: "Wir werden vermutlich jedes einzelne Bild mit einem Anwalt angucken müssen."

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