Doku über den prominentesten Versicherungsvertreter Deutschlands:Neues von Mehmet Göker
Nun ist er in der Türkei untergetaucht: Die Dokumentation "Versicherungsvertreter II" zeigt, wie Mehmet Göker, der einst 1000 Mitarbeiter um sich scharte, vor der deutschen Justiz Schutz sucht - und immer noch Fäden zieht.
Von Hans Hoff
"Ich bin's, der Echte." Mehmet Göker sagt das am Telefon mit genau dem Selbstbewusstsein, das ihn weithin bekannt gemacht hat. Er war beliebt bei Versicherungen, weil er massenhaft neue Verträge für die private Krankenversicherung heranschaffte. Er wurde verehrt von seinen Mitarbeitern, die er sektenhaft um sich scharte, verwöhnte und bei Bedarf auch erniedrigte. Nun wird er verfolgt von der deutschen Justiz. Der Vorwurf: Untreue und Insolvenzverschleppung. Ein internationaler Haftbefehl liegt vor gegen den Mann aus Kassel, der sich in der Türkei aufhält, weil die ihn nicht ausliefert.
Mehmet Göker ist der Star in Versicherungsvertreter II. Es ist Klaus Sterns zweite Dokumentation über diesen Mann, der einst 1000 Mitarbeiter hatte und als zweitgrößter Vermittler von privaten Krankenversicherungen galt. Für den ersten Teil hat Stern jede Menge Anerkennung eingeheimst, weil er Göker einfach nur mit der Kamera begleitet hat. Er ließ den heute 36-Jährigen wirken in seiner Großprotzigkeit und in seinem Aberwitz.
"Ich mache gern Filme über Menschen mit Größenwahnsinn"
Wie im ersten Film verzichtet Stern bei Versicherungsvertreter II, der in einer 70-Minuten-Version auch im Kino läuft, wieder auf einordnenden Off-Text. "Ich will niemanden billig an die Wand nageln. Die Geschichte des Films erzählt sich viel eindrücklicher ohne Kommentar", sagt der Filmemacher und offenbart sein Faible für Typen wie Göker. "Ich mache gern Filme über Menschen mit Größenwahnsinn."
Der zweite Teil zeigt Göker nun, wie er in seinem türkischen Exil immer noch Fäden zieht. Göker verhökert wieder oder immer noch Krankenversicherungen, er lässt immer noch Willige für sich arbeiten, er beschimpft sie, aber er belohnt sie auch. Er vermisse Kino, Currywurst und den Weihnachtsmarkt, sagt er.
Klaus Stern hält Distanz; Mehmet Göker spricht von "unserem Film"
Es stehen neue Vorwürfe im Raum. Er lasse seine Geschäfte über Strohmänner in Deutschland abwickeln, heißt es. Das Geschäft ist dasselbe, der Mensch Göker ist derselbe, nur die Umgebung, in der sich der Star dieses 45-minütigen Films aufhält, ist eine andere. Rund um Gökers Residenz ist es schmuddelig, sein Büro wirkt übersichtlich, der Rahmen ist kleiner als früher in Kassel. Groß ist aber nach wie vor das Ego des Mehmet Göker.
"Ich mag ihn", sagt Klaus Stern. Er sagt das trotz all der professionellen Distanz, die er zu Göker pflegt. Er siezt ihn immer noch, weil er weiß, dass ein professioneller Überreder wie Göker ihn verschlingen würde, wenn er diesen Abstand aufgäbe.
Ein bisschen glaubt Göker das offensichtlich schon geschafft zu haben. Er redet offen von "unserem Film". Göker lässt viel Nähe zu, aber er weiß sehr genau, was er tut. In einer Szene bittet Göker seine Mitarbeiter zur Aussprache nach draußen, weg von der Kamera. Da kommen ein paar unangenehme Tatsachen zur Sprache. Göker trägt ein Funkmikrofon, das natürlich weiter sendet. Klaus Stern glaubt nicht, dass Göker das durchgegangen ist. "Er sagt nichts, was er nicht sagen möchte."
Am Schluss spürt man, dass Göker in Bedrängnis gerät. Ehemalige Angestellte belasten ihn, Staatsanwälte geben keine Ruhe, das vorhandene Geld scheint endlich. Es wirkt, als bekomme die Fassade Risse. "Es wird nicht eng für ihn, es ist eng", sagt Klaus Stern, der zuletzt im Oktober zum Dreh in der Türkei war und in regelmäßigem Telefonkontakt mit Göker steht.
Es ist eine unwirkliche, eine bizarre Welt, die Stern da erneut zeichnet, eine Welt, die geprägt ist von offensichtlichem Größenwahn. Es wird noch zu erzählen sein, ob Mehmet Göker letztlich mit seiner Masche durchkommt. Aber das ist dann wohl die Geschichte von Versicherungsvertreter III.
Versicherungsvertreter II, WDR, 22.30 Uhr.