Doku:Familienwirren in der DDR

Familie Brasch

Marion Brasch steht im Mittelpunkt des Films.

(Foto: rbb/Edition Salzgeber/It Works!)

Der Film "Familie Brasch" erzählt von Schicksalen - und Deutschland.

Von Maresa Sedlmeir

Mutter, Vater, Kinder. Die Familie Brasch verbrachte in den Jahren nach dem Krieg ein Leben als scheinbar perfekte Funktionärsfamilie in der DDR. Der Vater Horst, stellvertretender Kulturminister der DDR und enger Vertrauter Erich Honeckers, die Mutter Gerda und ihre vier klugen Kinder, von denen das berühmteste wohl der Schriftsteller Thomas Brasch ist. Der hatte sowohl zum Vater, als auch zur DDR ein schwieriges Verhältnis.

Wie tragisch die Schicksale der Familienmitglieder sind und wie eng sie mit der deutschen Vergangenheit zusammenhängen, zeigt Annekatrin Hendel in ihrem Dokumentarfilm Familie Brasch - Eine deutsche Geschichte. Neben Thomas waren da Peter, ebenfalls Schriftsteller, und Klaus, Schauspieler. Nesthäkchen Marion, geboren 1961, Journalistin und Autorin, ist die Einzige, die heute noch lebt.

Hendel setzt Marion Brasch ins Zentrum ihres Films, aus Braschs Erzählungen wird der Großteil der Familiengeschichte rekonstruiert. Die Dokumentarfilmerin reist dafür mit Brasch nach New York, wo sie ihr neues Buch vorstellt. Es ist ein Roman über ihre Familie. An einigen Stellen im Film liest Marion Brasch daraus vor, man hört nur ihre Stimme aus dem Off und braucht daher ein wenig, um zu verstehen, dass das jetzt aus dem Roman kommt.

Doch insgesamt ist es eine der Stärken dieses unaufgeregten Dokumentarfilms, dass nicht alles permanent eingeordnet und erklärt wird. Annekatrin Hendel fragt zwar nach, lässt ihre Gesprächspartner aber einfach erzählen. Und dann sind es die kleinen Dinge, die die Dokumentation berührend machen. Thomas Braschs erste Freundin, die Liedermacherin Bettina Wegner, erinnert sich glucksend-quietschend daran, wie sie mit Thomas in dessen Elternhaus den Kühlschrank plünderte. "Wir haben wie die Maden im Speck jelebt". Da lacht auch die Dokumentarfilmerin.

Man spürt, dass Annekatrin Hendel die Familie über Jahre begleitet hat. Man hört die Regisseurin immer wieder berlinern, lachen, reagieren, mal mehr, mal weniger. Ihre Gesprächspartner sprechen sie an und duzen sie. Reflexionen ergeben sich während des Gesprächs, was jedoch manchmal dazu führt, dass der ein oder andere ins Schwafeln gerät und Längen entstehen.

Besonders spannend wird es, wenn die Berichte durch Archivmaterial oder alte Videoaufnahmen( "Thomas Brasch Cam") angereichert werden. So gelingt eine Collage, die es vor allem schafft, ein Gefühl entstehen zu lassen. Das Gefühl, wie die Brüder Brasch die Wiedervereinigung erlebten. Auch wenn sie mit dem System der DDR haderten, glaubten sie an die Utopie des Sozialismus und trauerten ihr nach. Es ist der vielleicht stärkste Part des Dokumentarfilms, der die Politik wie nebenbei geschehen lässt, und dabei seinen Fokus nie verliert: eine Familiengeschichte zu erzählen.

Die Familie Brasch - eine deutsche Geschichte. Das Erste, 22.45 Uhr.

In einer früheren Version dieses Textes hieß es, einer der Brüder von Marion Brasch sei bei einem Autounfall gestorben, ein anderer an einer Überdosis. Beides ist nicht der Fall. Bei der Überdosis handelte es sich um einen Cocktail aus Medikamenten und Alkohol.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: