Disney & Fox:Erschütterungen auf dem TV-Markt

FILE PHOTO: The Twenty-First Century Fox Studios flag flies over the company building in Los Angeles

Das Murdoch-Unternehmen 21st Century Fox will wohl Teile an Disney verkaufen.

(Foto: REUTERS)
  • Teile des Murdoch-Unternehmens 21st Century Fox könnten den Eigentümer wechseln und an Disney verkauft werden.
  • Noch ist nichts entschieden, viele heikle Details sind offen, die Gespräche sind erst einmal unterbrochen.
  • Doch allein die Verhandlungen zwischen den beiden Konzerngiganten sind eine Sensation.

Von Viola Schenz

Ein Auftritt bei den Simpsons gilt unter Prominenten als Ehre, auch wenn die gelbe Fernsehfamilie alles andere als zimperlich mit einem umgeht. Der Simpsons-Ruhm geht grundsätzlich mit Spott einher, das mussten nicht nur Mick Jagger, Bono, Stephen Hawking oder Bill Clinton bei ihrer Verewigung dort erfahren, auch der Haussender Fox wird niemals geschont, und schon gar nicht Eigentümer Rupert Murdoch. Die Simpsons-Macher stellen ihn gerne als "milliardenschwerer Despoten" vor, Fox Network wird wegen seiner republikanerfreundlichen Haltung und sensationsgeilen, verzerrenden Nachrichten auf dem eigenen Sender lächerlich gemacht.

Gut möglich aber, dass die Simpsons-Macher um Matt Groening demnächst eine neue Spottfigur zeichnen müssen: Disney-Chef Robert Iger. Denn Teile des Mutterkonzerns 21st Century Fox könnten den Eigentümer wechseln und an Bambi-Erfinder Disney verkauft werden. Der Wirtschaftssender CNBC machte das am Montag bekannt, inzwischen berichten auch Agenturen und Zeitungen wie die New York Times darüber. Demnach fanden in den vergangenen Wochen erste Verhandlungen über das Fox-Imperium statt; zum Verkauf stünden das Hollywood-Studio, die Fernsehproduktion, internationale Töchter sowie der Unterhaltungskanal FX (Family Guy, Futurama) und der Reportagesender National Geographic. Rupert Murdoch würde sich dann auf seine Nachrichten- und Sportprogramme beschränken.

Egal, was letztlich verkauft und behalten würde - ein solcher Deal zwischen zwei Konzerngiganten würde die Tektonik unter dem amerikanischen Film-, Fernseh- und Unterhaltungsmarkt verschieben. Zu Disney gehören neben den gleichnamigen Film- und Produktionsstudios unter anderem die weltweiten Vergnügungsparks, außerdem mit ABC eines der drei großen amerikanischen TV-Networks, zahlreiche Kabelsender und 50 Prozent am deutschen Sender Super RTL. Die Börse reagierte entsprechend: Am Montag stieg die Fox-Aktie zwischenzeitlich um zehn Prozent, Disney legte um zwei Prozent zu.

Ein Verkaufs-Szenario dieser Größenordnung macht deutlich, wie sehr der Markt bereits erschüttert ist

Zwar ist nichts entschieden, viele heikle Details sind offen, die Gespräche sind erst einmal unterbrochen. Doch allein die Verhandlungen sind eine Sensation. Und sie werden nicht zum Spaß geführt: Dass die Fox-Sportsender, der Nachrichtenkanal Fox News und die Regionalsender außen vor bleiben sollen, dass also schon juristische Vorkehrungen getroffen wurden, um kartellrechtliche Vorbehalte der amerikanischen Zulassungsbehörde Federal Communications Commission (FCC) von vorneherein auszuschließen, zeigt, dass ernste Absichten bestehen.

Ein Verkaufs-Szenario dieser Größenordnung macht auch deutlich, wie sehr der Markt bereits erschüttert ist - genauer gesagt, wie sehr ihn die rasante Ausbreitung von Streamingdiensten wie Netflix oder Amazon Prime erschüttert haben. Deren Angebot, gegen eine monatliche Gebühr ein Großangebot an Filmen, Dokumentationen, Serien und anderer Unterhaltung wann auch immer wo auch immer zu schauen, macht den konventionellen Sendern zu schaffen. Apple, Facebook und Google expandieren ebenfalls im Unterhaltungssektor. Nicht nur die frei empfangbaren großen US-Networks verlieren Zuschauer. Auch Kabelsender müssen um Reichweiten und damit um Einkünfte aus Nutzergebühren bangen.

Der 86 Jahre alte Rupert Murdoch ist keiner, dem leicht Bange zu machen ist, er herrscht über weite Teile des internationalen Medienmarkts, sein Geschäft bestand jahrzehntelang vor allem aus Zukäufen - darunter erfolgreiche Marken (Wall Street Journal) wie Pleitekandidaten (Myspace). Vor dem disruptiven Markt und dem neuen Nutzerverhalten scheint auch er zu kapitulieren, vermuten US-Fachmedien.

Für Disney wäre die Angliederung der Fox-Filmstudios und Fernsehproduktionen nur logisch. Seit Jahren erwirbt der Konzern mit Sitz in Burbank Produktionsfirmen dazu. Seinen Vertrag als Stofflieferant für Netflix hat Disney kürzlich gekündigt, sehr offensichtlich ist ein eigener Streamingdienst geplant. Fox mit seinen riesigen 20th Century Fox-Filmarsenal (Avatar, Ice Age, X-Men, Star Wars, Titanic, Stirb langsam, Planet der Affen, Family Guy, Akte X, um nur einige zu nennen) käme da gelegen. Auch die internationale Ausrichtung der Murdoch-Firmen vor allem nach Europa und der Besitz am Bezahlsender Sky (39 Prozent) brächten Vorteile mit sich. Und Disney könnte sein schon vorhandenes Eigentum sinnvoll ausbauen: zusätzlich zum Verlag (Marvel Comics) die Filmrechte an den "Superhelden" X-Men und den Fantastic Four erwerben. Lukrativ wären auch weitere Anteile am Videoportal Hulu (The Handmaid's Tale): Disney hält hier 30 Prozent, Fox ebenso viel, der Rest verteilt sich auf Comcast und Time Warner. Freilich immer vorausgesetzt, die FCC genehmigt Fusionen dieses Ausmaßes.

In einer Simpsons-Folge ist der Murdoch-Sender Fox übrigens zu einem Porno-Kanal mutiert. Zumindest diese Vision wäre bei einem Aufkauf vom Tisch. Disney hat ja den Ruf, recht prüde zu sein.

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