Digitalisierung:Gemeinsame Sache

Wie der "Spiegel" und die "Zeit" ihre Print- und Online-Redaktionen umbauen und was das für die Wochenzeitschriften und ihre Mitarbeiter heißt.

Von Claudia Tieschky

Früher war der Montag Spiegel -Tag und am Donnerstag kam die Zeit heraus. Abgesehen davon, dass der Spiegel inzwischen samstags erscheint, ist das im Prinzip immer noch so - nur sind feste Erscheinungstage im digitalen Zeitalter kaum noch mehr als ein schöner Brauch. Die Hamburger Wochenprodukte stehen wie alle Printmedien auch vor der Frage, was sich ändern muss, wenn Wachstum vor allem aus digitalen Bezahlmodellen kommt und ob getrennte Redaktionen von Print und Online weiter sinnvoll sind.

Bei der Zeit hat man nun eine sanfte Veränderung angekündigt: Im Januar wird Jochen Wegner, Chefredakteur von Zeit Online, auch Mitglied der Zeit-Chefredaktion. Chefredakteur Giovanni di Lorenzo soll dann als Vorsitzender aller Chefredaktionen der Verlagsgruppe die Zusammenarbeit von Print und Online stärken - mit dem Bezahlmodell Z Plus, das für bestimmte Textgruppen den freien Zugang limitiert und auf Abos abzielt. In Berlin werden die Standorte von Print und Online zusammengelegt, eine komplette Fusion lehnt man aber ab. Di Lorenzo sagte dem Fachmagazin Horizont, eine solche gebe nur über die Inhalte Sinn, "und da sehen wir parallel zum rasant stetigen Wachstum unserer digitalen Auflage, dass eine weiterhin beachtlichen Mehrheit unserer Leser die Zeit im Wochenrhythmus und auf Papier nutzen möchte". Daraus ergeben sich demnach unterschiedliche Erfordernisse und Geschwindigkeiten für die Produktion.

Einer, der weiß, wovon der Zeit-Chef spricht, ist Steffen Klusmann. Er wird im Januar Spiegel-Chefredakteur. Aber dort geht man die Fusion von Print und Online organisatorisch viel tiefgreifender an, man spricht lieber von einem Führungsteam unter Klusmanns Vorsitz, dem auch die bisherige Online-Chefin Barbara Hans und Ullrich Fichtner angehören. An der Fusion von Heft und dem früh erfolgreichen Spiegel Online sind beim Spiegel schon mehrere Chefredakteure gescheitert, seit dem Sommer aber gibt es eine Erlösstrategie, die die traditionellen Kategorien aushebelt: Die Nutzer erhalten unter dem Label Spiegel Plus für eine Flatrate von 19,99 Euro alle zahlungspflichtigen Digitalprodukte, egal, ob sie auf Spiegel Online oder im digitalen Heft stehen.

Nach der Fusion gibt es beim "Spiegel" bis Ende 2021 keine betriebsbedingten Kündigungen

Eine weitere Führungsebene soll vom 1. Mai 2019 an den Gemeinschaftsbetrieb koordinieren: Als Nachrichtenchef wurde Stefan Weigel von der Rheinischen Post verpflichtet, dazu kommen zwei Blattmacher und ein Art Director. Die fusionierte Redaktion wird aus etwa 500 Mitarbeitern bestehen: Print-Leute sollen künftig auch aktuell digital schreiben, Spiegel-Online-Mitarbeiter auch fürs Heft. Bis Ende 2021 hat die Geschäftsleitung betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen. Klusmann muss einerseits die stetig leicht sinkende Heftauflage stabilisieren (verkaufte Auflage zuletzt 716 663), die immer noch ein wichtiger Erlösfaktor ist, vor allem aber möglichst viele Abonnenten für das Hybridmodell Spiegel Plus gewinnen. Derzeit gibt es laut Verlag 41 000 Abos für Spiegel Plus und 62 000 Abonnenten des digitalen Spiegel, die zugleich Zugriff auf alle Spiegel-Plus-Inhalte haben. Den Reiz erhöhen soll auch ein neues Ressort: "Leben" soll Themen der modernen Gesellschaft abbilden. Zeit-Chef di Lorenzo kündigte ebenfalls ein neues Ressort an: "Streit".

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