Süddeutsche Zeitung

Digitales:Klicks fürs Klima

Umweltfreundlich durchs Internet: Wie viel CO₂ sich sparen lässt, von der Google-Suche bis zum Serienstream.

Von Nele Spandick

Das Internet ist für viele inzwischen ein zweites Zuhause. Hier wird kommuniziert, konsumiert und gearbeitet. Während in der analogen Welt allerdings derzeit fast alles auf Klima- und Umweltverträglichkeit hin überprüft wird, bleibt die digitale bislang noch recht unberührt davon. Und das, obwohl Computernutzung durchaus deutliche Auswirkungen auf Stromverbrauch und CO₂-Emissionen hat. Forscher der französischen Umweltinitiative "The Shift Project" gehen davon aus, dass Streaming für ein Prozent des globalen CO₂-Ausstoßes verantwortlich ist, und dass allein durch Online-Pornografie weltweit so viel Kohlenstoffdioxid freigesetzt wird wie in Rumänien insgesamt. Demnach ist Digitaltechnik heute für 3,7 Prozent der weltweiten Treibhaugas-Emissionen verantwortlich, 80 Prozent des weltweiten Datenverkehrs entfallen auf Videos. Ein paar veranschaulichte Beispiele.

Die Internet- und Computernutzung in Deutschland verursacht so viele CO₂-Emissionen wie ganz Kroatien.

Das sind ungefähr 24 Millionen Tonnen CO₂ im Jahr. In dieser Größenordnung bewegen sich die Emissionen durch Internet- und Computernutzung laut rechnerischen Annäherungen des privaten Ökoinstituts Freiburg. Mit rund 45 Terawattstunden pro Jahr machte die Nutzung von IKT-Geräten (Informations- und Kommunikationsgeräten wie zum Beispiel Smartphones, Tablets oder Laptops) 2014 etwa acht Prozent des gesamtes Stromverbrauchs in Deutschland aus. Das Bundesumweltministerium schätzt die CO₂-Emissionen der Informations- und Kommunikationstechnik noch etwas höher auf rund 30 Millionen Tonnen. Zum Vergleich: Kroatien verursachte im Jahr 2016 ganze 24,3 Millionen Tonnen Kohlenstoffdioxid-Äquivalente. (Diese Äquivalente beinhalten neben CO₂ noch andere Treibhausgase, beispielsweise Lachgas oder Methan.) In Deutschland waren es im selben Jahr 909,4 Millionen Tonnen Kohlenstoffdioxid-Äquivalente.

Mit der Energie, die 20 Google-Suchen verbrauchen, könnte eine Elf-Watt-LED-Birne zwei Stunden lang brennen.

Die Google-Nutzung einer Person verursacht im Jahr durchschnittlich so viel CO₂ wie eine 155 Kilometer lange Fahrt mit dem Fernbus.

Die Menge liegt bei ungefähr 3,6 Kilogramm pro Person, wie Ralf Bremer, Sprecher von Google Deutschland, auf Anfrage mitteilt. Bei den Emissionen des Fernbusses wird von einer durchschnittlichen Auslastung ausgegangen. Diese doch überraschend niedrigen CO₂-Emissionen der Nutzung der Suchmaschine - die auch die Kartenfunktion Maps sowie die dazugehörigen Maildienste beinhaltet - liegen vor allem daran, das Google laut eigenen Angaben seine Rechner mit erneuerbarer Energie am Laufen hält. Konkrete Zahlen zum Energieverbrauch nannte Bremer nicht.

Vom Stromverbrauch der Rechenzentren in Deutschland könnte der Strombedarf von ungefähr 2 800 000 Fünfpersonen-WGs gedeckt werden.

In Deutschland gab es 2016 etwa 50 000 Rechenzentren. Das sind Gebäude mit Rechnern, die große Datenmengen verarbeiten, zum Beispiel für Unternehmen oder Behörden. Der Gesamtverbrauch der Zentren liegt bei zehn Terawattstunden. Das sind etwa zwei Prozent des Gesamtstrombedarfs in Deutschland. Dazu kommen noch indirekte Energiefresser, etwa aus der Rohstoffbeschaffung. Wie viel Treibhausgase durch diesen hohen Stromverbrauch entstehen, hängt davon ab, wie der Strom erzeugt wird. Erwartungsgemäß werden die Treibhausgase aufgrund erneuerbarer Energien abnehmen.

Statt ein Jahr lang täglich ein bis zwei Stunden über den Fernseher Netflix oder Amazon Prime zu streamen, könnte man ein halbes Jahr lang einen Kühlschrank laufen lassen.

Beides verbraucht etwa 50 Kilowattstunden, wenn man von einem 250 Liter fassenden Kühlschrank der Energieeffizienzklasse A+++ ohne Gefrierfach ausgeht. Wer anstatt auf einem Computer oder Fernseher auf dem Smartphone oder Laptop streamt, verbraucht lediglich vier Kilowattstunden für dieselbe Zeit. Vielleicht ein Grund, mal wieder auf die kleineren Geräte umzusteigen? Diese Werte beziehen sich nur auf den Energiebedarf für den Strom zu Hause. Insgesamt hat der Streaminganbieter Netflix im Jahr 2016 laut eigenen Angaben 140 000 Megawattstunden an Strom verbraucht, wenn man den Energieverbrauch der Serverbetreiber dazuzählt.

Gleichzeitig aber spart das Internet natürlich an allen Ecken und Enden ordentlich Energie ein: Statt zu Terminen zu fliegen, sind heute Videokonferenzen vom Schreibtisch aus möglich, Mails ersetzen große Teile des Briefverkehrs, und statt Unmengen an verbrauchtem Papier gibt es heute nahezu alles auch in digital - von der Ablage bis zur Zeitung.

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Quelle:
SZ vom 22.08.2019
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