Süddeutsche Zeitung

"Die Wespe" auf Sky:Ins Schwarze

Die Comedy-Serie "Die Wespe" erzählt von einer bislang sträflich vernachlässigten Menschenspezies: deutschen Dart-Profis.

Von David Steinitz

Mit dem Dart-Spielen, sagt einer der vielen weisen Dart-Philosophen in dieser Serie, sei es wie mit dem Sex: "Wenn du's een mal selber jemacht hast, reicht zukieken einfach nich' mehr".

Die Wespe spielt im Berlin der Gegenwart, was man aber manchmal vergisst, weil die Welt der abgehalfterten, ehemaligen Dart-Profis, um die es hier geht, mit dem Adjektiv anachronistisch noch recht vorsichtig beschrieben ist. Der Held der Serie, Eddie Frotzke (Florian Lukas), war zweimaliger deutscher Dartmeister. Und zwar 1997 und 1999. Das hat ihm einst den Spitznamen "Die Wespe" eingebracht. Aber seitdem ist in seinem Leben nicht mehr viel passiert. Genauer gesagt ist seitdem überhaupt nichts mehr passiert. Eddie pflegt mit seinen Zigaretten, seinem Schnurrbart, seinen Jogginghosen, seiner Handyverweigerung und seinem stoischen Sexismus ein Mittneunziger-Proletendasein, zu dessen Krönung eigentlich nur noch ein anständiger deutscher Schrebergarten fehlt. Und den bekommt er in den ersten Folgen auch.

Denn seine Frau, die Sonnenstudiobetreiberin Manu (Lisa Wagner), hat keinen Bock mehr auf ihren Loser-Gatten. Keinen Tag will sie mehr ertragen, an dem Eddie sich in der Garage versteckt und behauptet, er würde trainieren, aber doch nur den nächsten Pilskasten leert. Sie gesteht ihm eine Affäre und schmeißt ihn aus der gemeinsamen Wohnung. Daraufhin zieht Eddie zu seinem Kumpel Nobbe (Ulrich Noethen) in dessen Schrebergartenlaube. Nobbe ist auch ein ehemaliger Dart-Star im Ruhestand. Sein Alkoholismus ist aber schon eher Post-Pils, er schreckt auch vor Eddies Rasierwasser nicht zurück, um sich morgens den Tag schönzutrinken.

"Die Wespe" ist eine Serienkomödie mit vollem Herrengedeckeinsatz

Die sechsteilige Serie stammt vom Berliner Drehbuchautor Jan Berger, der zuvor unter anderem die Kinoversion des Musicals Ich war noch niemals in New York und die Bestsellerverfilmung Der Medicus geschrieben hat. Zur Exotik dieser Geschichten verhält sich Die Wespe ungefähr wie der Kater zum Rausch. Aber das ist natürlich das Konzept dieses Blicks in die deutsche Seele: eine Serienkomödie mit vollem Herrengedeckeinsatz.

Dafür ist Florian Lukas (Goodbye, Lenin) auch genau die richtige Besetzung. Abgesehen von der Tatsache, dass er in der schönen deutschen Tragikomödie Liegen lernen schon mal eine Person namens "Mücke" gespielt hat und nun für Die Wespe schon Stechtiererfahrung mitbringt, meistert er den Spagat zwischen Vollproll und Sympathieträger meisterlich. Natürlich ist der Dartsport für den Großteil des Publikums auf der Adrenalinskala vermutlich irgendwo zwischen Curling und Schach angesiedelt. Aber dass Sportserien meist dann am besten funktionieren, wenn der Sport eine Nebensache bleibt, hat zuletzt ja schon die schöne Fußballserie Ted Lasso bei Apple TV+ bewiesen.

Dort allerdings sitzen die Gags noch eine Nuance perfekter und kommen in einer etwas höheren Frequenz daher als in Die Wespe; bei Ted Lasso verlassen sich die Macher auch ein bisschen weniger allein auf die Skurrilität ihrer Protagonisten, um die Gagquote hochzuhalten. Aber für die ein oder andere perfekt getimte Slapstickeinlage lohnt sich diese Serie durchaus. Immer dann zum Beispiel, wenn ein Dartpfeil nicht dort landet, wo er sollte.

Die Wespe, sechs Folgen, bei Sky.

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