"Die Staatsaffäre" auf Sat 1:Gebratene Eier für die Kanzlerin

Die Bundeskanzlerin Anna Bremer (Veronica Ferres) verliebt sich ausgerechnet in den neu gewählten französischen Staatspräsidenten (Philippe Caroit).

Im SAT 1-Film "Die Staatsaffäre" verliebt sich die deutsche Bundeskanzlerin Anna Bremer (Veronica Ferres) ausgerechnet in den neu gewählten französischen Staatspräsidenten (Philippe Caroit).

(Foto: Sat 1)

Sex beim Gipfeltreffen: Veronica Ferres verliebt sich als deutsche Bundeskanzlerin in den französischen Präsidenten. Die TV-Satire "Die Staatsaffäre" beginnt und endet wie schlimmes Werbefernsehen. Zwischendurch amüsiert man sich aber prächtig.

Von Claudia Tieschky

Kanzlerinnen küsst man nicht, es sei denn, man ist Joachim Sauer. Insofern haben sie sich bei Sat 1 an eine wirklich große Sache herangewagt mit dem Film Die Staatsaffäre . Eine deutsche Bundeskanzlerin und ein französischer Staatspräsident gehen eine heimliche Liaison ein.

Dabei hat man als maximal private Fernsehkanzlerin Katharina Thalbach im Kopf, die in dem TV-Film Der Minister missmutig in der bürgerlichen Suppenschüssel rührte. Und jetzt dies: Die Regierungschefin (Veronica Ferres) hat Sex beim Gipfeltreffen, und fürs Familienfernsehen ist es auch noch Liebe. Die Bunte hätte sich das nicht schöner ausdenken können.

Es hat vermutlich mit erfolgreichen Serienproduktionen wie Borgen und House of Cards zu tun, wenn jetzt auch Sat 1 die Macht im Staat als Spielplatz für Liebe und Intrige entdeckt. Nur wussten sie dann offensichtlich nicht, was sie damit eigentlich anstellen wollten. Polit-Drama? Realsatire? Oder doch Romantic Comedy?

Wie ein Spot für Slipeinlagen

Die Staatsaffäre beginnt wie ein Spot für koffeinfreien Kaffee, Slipeinlagen oder Haarpflege: Zu sehen ist eine blonde Frau im Büro, am Frühstückstisch, beim Fitnesstraining, die berichtet, wie sie alles bewältigt, auch wenn sie manchmal einsam ist. Aber, "es ist ein gutes Gefühl zu wissen, dass die Leute im Land sicher sind."

Irgendwie erscheint die Frau als einzig Vernünftige unter lauter Deppen in der Regierung, das ist natürlich anstrengend. Ja, so ist sie, diese Anna Bremer: politisch links, kein Privatleben, gemeine männliche Gegenspieler und ein Hang zu dreckigen Bemerkungen. "Und ich will eine Hose, die meinen Arsch kleiner macht", sagt die Kanzlerin von Sat 1, wenn sie ausdrücken will, dass sie ein Ziel für utopisch hält. Ausgerechnet Frankreich möchte sie zum Atomausstieg bewegen, offenbar ist das kein größeres Problem für sie oder ihre Hose.

Hemmungsloser Klamauk

Man könnte Die Staatsaffäre abtun als haarsträubend vergeigten Versuch, das gerade schicke Polit-Setting abzukupfern. Aber dann passiert etwas Erschreckendes: Man amüsiert sich prächtig.

Das liegt daran, dass der Film zwischenzeitlich das Fernsehregieren einfach sausen lässt und hemmungslos Klamauk macht. Da gibt es Verfolgungsrennen zwischen joggender Kanzlerin und Präsident im Park, einen kleinen italienischen Staatschef, der auf die Bitte "Carlo, ich brauche Sie jetzt" erschöpft und augenrollend die Hosen runterlässt. Und als Aushilfs-Date für die Bundeskanzlerin wird - wer könnte besser passen? - der Bundestrainer hin- und wieder abbestellt.

Der verliebte Präsident Dupont muss sich in Kellneruniform in das Hotelzimmer der Kanzlerin reinschummeln und nach der Liebesnacht nackt an den schon versammelten Beratern vorbei wieder rausrobben. Philippe Caroit balanciert seine Rolle als Dupont zart zwischen Alain-Delon-Abklatsch und der Performance eines Louis de Funès. Zwischendurch muss er für die Ferres auch noch nachts Eier braten, mit Majoran. In guten Momenten erinnert Die Staatsaffäre tatsächlich an die hinreißende Sat 1/Teamworx-Politsatire Der Minister. Leider kommt dann doch wieder der Atomausstieg ins Spiel, und vorbei ist es mit allen Höhepunkten.

Eine richtig gute Komödienschauspielerin

Die Ferres ist, man hat das nur schon fast vergessen, eine richtig gute Komödienschauspielerin, und man denkt beim Zuschauen, dass diese ganzen Betroffenheits-rollen der vergangenen Jahre, all die Mauermütter und Gefängnisfrauen, künstlerisch vielleicht einfach ein großes Missverständnis waren.

Es muss dann aber nochmal das ganze Gewummer her, Spree und Kanzleramt. Anna Bremer, vom Rivalen erpresst, bekennt bei einer Pressekonferenz ihre Liebe, und die Menschen überall im Land stehen lächelnd still und alles ist gut wie im Märchen. Dann sehen wir Guy und Anna in der Küche Eier braten, nun als legitimes Paar, sie hat Majoran gekauft, und die einzige Frage, die bleibt, wäre: Wo ist Alfred Biolek?

Die Staatsaffäre beginnt und endet wie schlimmes Werbefernsehen für was auch immer. Aber der ganze Unsinn dazwischen ist wirklich lustig.

Die Staatsaffäre, Sat 1, 20.15 Uhr.

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