Süddeutsche Zeitung

Die Simpsons und Homosexualität:Gelbe Männerherzen

Homer Simpson ist nicht gerade für seine Zimperlichkeit bekannt - er macht Witze über alles. Auch über Homosexualität. Warum er trotzdem eine Ikone im Kampf um Gleichberechtigung ist, erklärt das Buch "Hinter den schwulen Lachern - Homosexualität bei den Simpsons".

Von Carsten Janke

Homer Simpson ist nicht gerade ein besonders feinfühliger Typ und wenn er einen Witz macht, dann etwa solche: "Liebe deinen Nächsten. Das klingt ja wie ein Schwulen-Porno!" Trotzdem ist Homer, das gelbe Familienoberhaupt aus Springfield, ganz offenbar ein Vorreiter im Kampf um Gleichberechtigung von Homosexuellen. Das zumindest behauptet Erwin In het Panhuis, ein Bibliothekar aus Köln.

In het Panthuis hat ein Buch über Homosexualität bei den Simpsons geschrieben und ist zu ein paar erstaunlichen Ergebnissen gekommen. Insgesamt hat er mehr als 490 schwul-lesbische Szenen bei den Simpsons gefunden und mehr als 70 schwule und lesbische Figuren, die sich näher beschreiben ließen. Da liegt der Verdacht nahe, die Macher fänden besonderen Spaß daran, homosexuelle Anspielungen in der Serie unterzubringen - und damit Vorurteile abzubauen. 2005 waren die Simpsons die erste Zeichentrickserie mit einer ganzen Folge über die Homo-Ehe in den USA.

"Die Simpsons", das liberale Feigenblatt von Fox

"Sie haben für viele andere Zeichentrickserien, die danach kamen, Standards gesetzt, und ich glaube, sie wollten auch immer Vorreiter sein", sagt In het Panhuis. Besonders wichtig sei die Vielschichtigkeit der Figuren, wie zum Beispiel von Smithers, dem schwulen Assistenten von Homers Chef. Dessen heimliche Liebe zum Atomkraftwerksbetreiber Burns bleibt unerwidert. Trotzdem wandelt sich Smithers in den späteren Staffeln zu einer integren schwulen Persönlichkeit.

Mit ihrer Herangehensweise an das Thema haben die Simpsons oft provoziert. Ihr Haussender, der erzkonservative Kanal Fox, bei dem die Simpsons seit zwanzig Jahren laufen, hat auch schon schwule Szenen zensiert. Trotzdem steht der Sender zu seiner Serie, vermutlich auch, weil er sie als "liberales Feigenblatt" im Unterhaltungsbereich brauche, so In het Panhuis. Der Sender könne so pluralistisch erscheinen, auch wenn der ganze ernst zu nehmende Nachrichtenbereich konservativ sei.

Und Homer? Auch er ist offenbar komplexer, als es seine Schwulenwitze vermuten lassen. "Homer hat in der Serie schon mehr als fünfzig Mal andere Männer auf den Mund geküsst und ist trotzdem glücklich mit seiner Frau Marge verheiratet", sagt In het Panhuis. "Homer ist mal hetero, mal schwul, mal homophob." Aber besonders seine homophobe Seite würden die Simpsons-Macher eigentlich fast immer benutzen, um sich darüber lustig zu machen.

Hinter den schwulen Lachern - Homosexualität bei den Simpsons, Erwin In het Panhuis, Archiv der Jugendkulturen Verlag, 28 Euro.

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SZ vom 29.06.2013/jspe
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