"Deutschland sucht den Superstar":Dieter seine doofen Sklaven

Pietro Lombardi gewinnt die achte Staffel von DSDS - ganz im Sinne Dieter Bohlens. Der Produzent hat ein Herz für Sorgenkinder und erklärte deshalb den "Depp mit der Cap" von Beginn an zu seinem Liebling. Doch noch nie wurde ein Favorit so konsequent gedemütigt wie diesmal.

Antje Hildebrandt

Dieter Bohlen hat ein Herz für Sorgenkinder: Er genießt es, sich über sie zu erheben. Das Prinzip hatte bereits bei Mark Medlock hervorragend funktioniert - Bohlen vermarktete nicht nur die Stimme des schicksalsgebeutelten Nobody, sondern schlug auch Kapital aus seinen Schulden und psychischen Zusammenbrüchen.

'Superstar 2011' ist Pietro Lombardi

Die Finalisten Sarah Engels und Pietro Lombardi: Die beiden 18-Jährigen hatten sich bei der RTL-Show kennengelernt und sind seitdem ein Paar.

(Foto: dapd)

Getreu diesem Prinzip also spuckte die Star-Strick-Maschine DSDS auch dieses mal leise rülpsend, aber planmäßig einen Gewinner aus, der besser ins Klischee des Verlierers passte. Um 0.30 Uhr war es amtlich: Pietro Lombardi ist Deutschlands neuer Superstar. Mit 51,9 Prozent der Zuschauerstimmen gewann der 18-Jährige Gelegenheitsjobber das Finale der 8. Staffel.

Pietro wer? Keine Sorge, das 18-jährige Sensibelchen aus Karlsruhe wird nach dem obligatorischen Nummer-Eins-Hit aus der Feder seines Förderers in der Versenkung verschwinden.

Doch damit Sie morgen in der Kantine mitreden können: Pietro, das ist das sympathische Weichei mit dem Hang zu Kopfbedeckungen, die gelegentlich den Eindruck erwecken, als bewege sich ihr Volumen antiproportional zu seinem Hirnvolumen. Als "Depp mit der Cap" hat ihn sein Ausbilder tituliert - und das war durchaus als Liebeserklärung gemeint.

Dieser junge Mann mit abgebrochener Malerlehre bohrte schon mal ungerührt in der Nase, wenn Super-Dieter ihn zusammenfaltete, weil er von drei Liedzeilen zwei vergessen hatte. Er passte perfekt in das Beuteschema hinein.

In keiner anderen Staffel wurde der Favorit so konsequent gedemütigt wie in dieser. Und nie war RTL mit dieser Masche erfolgreicher. Durchschnittlich verfolgten 6,32 Millionen Zuschauer pro Folge, wie RTL ein neues Kapitel seiner als Castingshow getarnten Soap aufschlug: DSDS - Dieter seine doofen Sklaven.

Man ist versucht, von einem Phänomen zu sprechen. Denn inzwischen weiß jedes Kind, dass DSDS keine Super-Stars produziert, nur Kandidaten für die Rubrik "Was wurde eigentlich aus ...?"

Prinz Pietro und seine Kate Middleton aus Köln-Hürth

Noch läuft die DSDS-Maschinerie auf Hochtouren. Die Kandidaten werden immer jünger, damit sie nicht nur vom Boulevard gehyped werden können, sondern auch von der Bravo, dem Zentralorgan der Zahnspangenträger.

Ihre Leser lieben Romanzen wie die, die RTL, offenbar noch völlig im Bann der Traumhochzeit von William & Kate, seinen beiden Finalisten angedichtet hatte: "Mega-verliebt und jetzt Konkurrenten - geht das überhaupt?"

Sie wischten sich vermutlich auch eine Träne aus dem Augenwinkel, als das Finale auf seinen Höhepunkt zusteuerte: Prinz Pietro und seine Kate Middleton aus Köln-Hürth schritten Arm in Arm durch einen überdimensionalen Trauring.

Pietro, der Li-La-Laune-Loser

Doch sogar RTL scheint die Sorge umzutreiben, wie das Interesse für seinen Quotenbringer dauerhaft befeuert werden kann. Oder warum sonst verkündete Bohlen mit einem Paukenschlag im Finale, dass der Sender die Kandidaten für die nächste Staffel mit einem Schmerzensgeld ködern werde.

Aus diesem Grunde ließ RTL-Unterhaltungschef Tom Sänger auch schon vor dem Ende der 8. Staffel verlauten, die Zukunft des Lautsprechers Marco Schreyl als Moderator von DSDS stehe in den Sternen. Auch werde der Sender seine Co-Juroren austauschen. Waren die Röckchen von Fernanda Brandao nicht sexy und Patrick Nuo nicht aalglatt genug?

Im Finale überboten sich die beiden Jurymitglieder mit Komplimenten für die Kandidaten. Das sollte wohl die Spannung auf den letzten Metern schüren. Wer würde gewinnen? Sarah, die stimmgewaltige Diva aus Hürth, die auf Knopfdruck Whitney Houston oder Leona Lewis kopieren konnte?

Oder Pietro, der Li-La-Laune-Loser, der zwar nicht immer den Ton traf, dem es dafür aber gelang, jedem Song seinen eigenen Stempel aufzudrücken?

Es entbehrte nicht der Tragik, dass Sarah das Duell gegen Prinz Pietro gerade deshalb verlor, weil sie mehr Power hatte als er. Der Siegertitel "Call my name", eine belanglose Popnummer aus der Feder von Papa Bohlen, vertrug keine starke Stimme. Er war eindeutig auf Pietro Lombardi zurechtgeschnitten.

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