Deutsches Unterhaltungsfernsehen:Bis einer heult

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Joko und Klaas: "Es gibt halt keine Alternativen. Wer ist denn da sonst, außer uns?" (Foto: Jule Roehr)

In ihrer Show gehen sie wahlweise heulen oder kotzen. Trotzdem sind Joko und Klaas die Hoffnungsträger des deutschen Unterhaltungsfernsehens. Aber nur, weil es keine Alternativen gibt. Denn heute kann man anscheinend Rutschentester bei "Galileo" werden, mehr nicht.

Von Judith Liere

In der am Montagabend ausgestrahlten Folge der ProSieben-Sendung Circus Halligalli saßen Klaas Heufer-Umlauf und Joko Winterscheidt so lange auf sich drehenden Stühlen, bis einer nicht mehr konnte und aufgab. Das war aber nicht der, der kotzte (Joko), sondern der, der sich weigerte, einen lebenden Wurm zu essen (Klaas).

Am Mittwochabend saßen Klaas Heufer-Umlauf und Joko Winterscheidt auf Stühlen bei einer Podiumsdiskussion im Berliner Radialsystem, angekündigt als "die neuen Hoffnungsträger des deutschen Fernsehens" und als "das Beste, was dem deutschen Unterhaltungsfernsehen in den letzten Jahren passiert ist".

Das Konzept von Joko und Klaas ist recht simpel: Quatschmachen, oft bis einer heult (meistens Klaas) oder einer kotzt (meistens Joko). Sie tun das auf eine kindisch-pubertäre Art, mit der sie nicht nur 16-Jährige, sondern auch 30-Jährige erreichen, weil die sich an ihre eigene Furzkissenzeit erinnern. Manchmal sind die Gags doof, oft lacht man trotzdem, besonders wenn der Sänger Olli Schulz dabei ist.

Joko und Klaas treffen mit dem Quatschmachen einen Nerv. Sie sind sehr erfolgreich. Und wenn im deutschen Fernsehen jemand erfolgreich ist, dann hofft man, dass auch das deutsche Fernsehen insgesamt erfolgreich bleibt und sein stets prophezeiter Tod wegen der Konkurrenz durch Internet und DVD-Serien noch nicht so schnell eintritt. Deshalb ist die Bezeichnung "Hoffnungsträger" für die beiden gar nicht so falsch.

Unterhaltung mit großem Quatsch

Klaas Heufer-Umlauf wehrte sich in dem von Katrin Bauerfeind moderierten Gespräch trotzdem gegen den Begriff und erklärte selbstironisch: "Das sagt mehr über den Zustand des deutschen Fernsehens aus als über uns. Es wird sich zu wenig um den Nachwuchs gekümmert. Das ist gut für uns - aber schlecht für Sie da draußen." Joko Winterscheidt stimmte zu: "Es gibt halt keine Alternativen. Wer ist denn da sonst, außer uns?" Naja, Katrin Bauerfeind zum Beispiel, aber die ist mehr Moderatorin als Entertainerin. Jan Böhmermann außerdem, aber der verschwindet noch in den Spartenkanälen.

Früher, als MTV und Viva populär waren und neue Formate zugelassen haben, da sei es für junge Menschen, die zum Fernsehen wollen, noch einfacher gewesen, meinte Heufer-Umlauf. "Es gibt nicht mehr so viele Plattformen. Heute kann man Rutschentester bei Galileo werden, aber das war's dann auch." Das ist ein bisschen unfair den öffentlich-rechtlichen Spartenkanälen gegenüber, die zumindest versuchen, junge Formate zu erfinden und für die auch Heufer-Umlauf und Winterscheidt gearbeitet haben - aber da erreicht man auch nur schwer ein großes Publikum.

Warum Joko und Klaas so erfolgreich sind, können sie sich nicht richtig erklären. "Wir haben Glück gehabt, etwas zu machen, das die Leute gerade mögen", sagte Heufer-Umlauf. Es könnte auch daran liegen, dass selbst großer Quatsch noch unterhaltsamer anzuschauen ist als die Showmaster-Generation vor ihnen. Glattgebügelten wie Markus Lanz oder Jörg Pilawa könnte ein bisschen Heulen oder Kotzen manchmal nicht schaden.

© SZ vom 16.05.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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