Neulich hatten die Nonnen im Kloster Kaltenthal mal wieder alle Hände voll zu tun. Ein Vater hatte sein Kind in einer Gaststätte zurückgelassen, weil er die Rechnung nicht bezahlen konnte. Da mussten sich Schwester Hanna und die anderen Ordensschwestern natürlich um das Mädchen kümmern, danach auch noch die Ehe seiner Eltern retten und - klar - dem Bürgermeister Wöller ordentlich den Marsch blasen, denn der war selbstverständlich auch diesmal schuld an der ganzen Misere.
Seit Mitte Januar läuft die 15. Staffel der Serie Um Himmels Willen in der ARD. Seit 2002 kämpfen darin ein paar Nonnen gegen das Übel in Kaltenthal (hauptsächlich verkörpert von jenem Bürgermeister Wöller), und zum Erfolgsgeheimnis der Serie gehört zweifellos die Tatsache, dass es am Ende immer gut ausgeht. Oder wie Jürgen Werner es formuliert: "Um Himmels Willen hat eine sehr klare Struktur, ähnlich wie das Traumschiff eine hat: 30 Minuten auf dem Schiff, 30 Minuten an Land, dann wieder zurück aufs Schiff, und am Schluss kommt die Eisbombe."
Deutsches Fernsehen funktioniert nach altem Rezept
Um Himmels Willen ist quotenmäßig eine der erfolgreichsten Serien im deutschen Fernsehen, und Jürgen Werner ist ihr Drehbuchautor; nach 13 Staffeln hat er sie von seinem Vorgänger und Freund Michael Baier übernommen. Zugetraut hat man ihm das große Erfolgserbe, weil Jürgen Werner schon die ein oder andere Erfahrung mit dem deutschen Serienalltag gemacht hatte.
Er schreibt Traumschiff-Episoden und von 2003 bis 2012 erdachte er die Geschichten zur ZDF-Serie Forsthaus Falkenau, in der anstelle der Nonnen eben ein Förster gegen die Übel des Welt kämpfte. Das Forsthaus ist zwar inzwischen geschlossen, aber bei allen Debatten um Zustand und Zukunft des deutschen Fernsehens ist klar: Nonnen, Ärzte, Bergretter und ähnlich gute Menschen sind der deutsche Serienalltag. Und so lange sie jede Woche den Quotenschnitt ihrer Sender nach oben jagen, wird das auch so bleiben.
...und Jürgen Werner kennt es
Jürgen Werner, den Mann aus dem Maschinenraum des deutschen Fernsehwahnsinns, trifft man an einem kalten Januartag in Stuttgart nahe des Hauptbahnhofs. Werner kommt gerade erst an und muss auch bald wieder weg, zum WDR, um über seine neue Tatort-Folge zu sprechen, aber dazu später. Erst einmal sagt er: "Wenn ich die teilweise sehr zynischen Kommentare von Kritikern über Formate wie das Traumschiff lese, wie sie das Produkt, aber auch die Zuschauer, fertigmachen, denke ich mir immer: Habt ihr keine Mutter zu Hause, die das sonntags gerne guckt? Das sind doch nicht alles Idioten."
Kopf steht die Welt bei Schwester Hildegard (Andra Sihler) und den Nonnen von Kloster Kaltenthal regelmäßig - manchmal sogar im Wortsinn.
(Foto: ARD/Barbara Bauriedl)Es ist sehr lustig, sich mit Jürgen Werner, 52, über sein Leben und das deutsche Fernsehen zu unterhalten, was in weiten Teilen durchaus deckungsgleich ist. Jürgen Werners Name taucht in schon fast unglaublicher Regelmäßigkeit im Stab deutscher TV-Projekte auf, es gibt kaum eine Reihe, für die er noch nicht geschrieben hätte, von Schloss Einstein über den Bergdoktor bis zu drei Folgen Schimanski.