Süddeutsche Zeitung

Deutscher Radiopreis:Zurück in die Zukunft

Bei der Verleihung des Radiopreises in Hamburg bekam Barbara Schöneberger Zoten hin, ohne sich und andere zu beschädigen. Und ganz nebenbei wurde wieder klar, wie gut das Radio darin ist, Karrieren zu begründen und zu fördern. Der prämierte Nachwuchs darf sich also freuen.

Von Stefan Fischer

Dieses Mal, das gleich vorweg, ist Barbara Schöneberger ungeküsst geblieben. Trotz der expliziten Aufforderung an Frank Plasberg und Tom Buhrow. Im vergangenen Jahr, als Schöneberger ebenfalls die Gala zum Deutschen Radiopreis moderierte, hat sie gleich eingangs mit Robbie Williams eine brillante Entertainment-Nummer abgezogen, die darin gipfelte, dass der britische Frauenschwarm ihren damaligen Babybauch beschmuste.

Dieses Mal hat Schöneberger im Hamburger Freihafen ihren Hintern feilgeboten. Aber anders als Williams, der mit der Intimität sein Image bekräftigen konnte, haben der Hart aber fair-Moderator Plasberg und der WDR-Intendant Buhrow einen Ruf zu verlieren als seriöse Journalisten.

Barbara Schöneberger kriegt eine solche kleine Zote jedoch hin, ohne sich oder andere zu beschädigen. Dass Plasberg als Laudator und Buhrow als Gast dieser vierten Verleihung des Deutschen Radiopreises beiwohnen, zeigt, wie wichtig die Branche diese noch junge Auszeichnung nimmt.

Plasberg würdigte den "Chef meines Lebens", Hans-Peter Stockinger, der den diesjährigen Sonderpreis fürs Lebenswerk bekommen hat: Stockinger hat, vor allem als Wellenchef des damaligen SWF 3, eine ganze Generation von Moderatoren und Journalisten geprägt, neben Plasberg etwa auch Elke Heidenreich und Claus Kleber.

Später hat dann die Bunte-Chefredakteurin Patricia Riekel in ihrer Laudatio auf Andreas Herrler und Michael Kaste (MDR Info, Beste Reportage) von den ersten Tagen bei Radio Gong in München berichtet, wo sie eine von sechs Gründungsgesellschafterinnen war.

SWR spricht gar nicht mehr von Radio

Vor 25 Jahren haben dort Anke Engelke, Michael Herbig und Fred Kogel gearbeitet. In derlei Auftritten schwingt viel Nostalgie mit, diese Anekdoten dokumentieren jedoch auch, wie gut das Radio darin ist, Karrieren zu begründen und zu fördern.

Und es wurden beileibe nicht nur alte Haudegen des Hörfunks als Preisträger auf die Bühne gebeten: Kristina Hartmann, 25, und Andreas Christl, 27, haben in der Kategorie Beste Sendung gewonnen (Die jungen Wilden, Antenne Bayern). Jürgen Kerbel, 34, von 104.6 RTL Berlin wurde ausgezeichnet für die Beste Comedy.

Und der als Vorbild so sehr respektierte Hans-Peter Stockinger, der in seiner Dankesrede vor der Bi- und Trimedialität gewarnt hatte, weil er darin eine Gefahr sieht für das, was seiner Meinung nach das Wesen des Radios ausmacht, musste sich von seinen Nachfolgern beim nunmehrigen SWR anhören, dass sie gar nicht mehr Radio machen - sondern ein Multimediaprojekt. Edgar Heinz und Christoph Ebner wurden für die Beste Innovation ausgezeichnet: News for Natives (SWR 3/Das Ding) ist ein Nachrichtenangebot, das Radio und Social Media verbindet. Es ging also sehr viel auch um die Gegenwart des Hörfunks beim Deutschen Radiopreis, und manchmal sogar ein wenig um die Zukunft.

Aktuelle Stars der populären Wellen

Die Show selbst war auf ein junges Publikum ausgerichtet: DJ Paul van Dyk verwandelte den Schuppen 52 in Hamburg zum Auftakt der Gala gleich mal in einen Dancefloor. Und als der Abend noch keine eineinhalb Stunden alt war, sampelte van Dyk bereits einige besondere Momente für einen DJ-Mix, darunter Schönebergers Gesangseinlage "Don't cry for me Argentina". Jamie Cullum, Hurts, Cro und Sean Paul sangen, aktuelle Stars der populären Wellen.

Auf der Gala feierte die Branche sich nicht nur selbst. Die Sylvie-van-der-Vaart-Parodie von Barbara Schöneberger zielte gegen Journalismus im Stil der Bunte, und richtete sich, auch mit gutem Willen betrachtet, nicht nur gegen die anwesende Bunte-Chefin Patricia Riekel, sondern auch gegen ähnliche Auswüchse im Radio-Journalismus.

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SZ vom 07.09.2013/pak
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