Deutscher Fußball im US-Fernsehen:So gucken Sie in Amerika Bundesliga

Bundesliga-Relegation - Karlsruher SC - Hamburger SV

In den USA muss Fußball auch Show sein - die Spieler des Bundesligisten Hamburger SV machen's vor: Sie freuen sich mit Megaphon und ohne Trikot über den Klassenerhalt.

(Foto: dpa)

Bundesliga-Partien live im US-Fernsehen? Darauf mussten Urlauber und Auswanderer in der Vergangenheit meist verzichten. Das ändert sich jetzt.

Von Johannes Kuhn, San Francisco

Die Menschen in München-Giesing und Hamburg-Volkspark mögen jetzt laut protestieren, doch die depressivsten Bundesliga-Fans leben auf der anderen Seite des Atlantiks.

In den USA deutschen Fußball zu verfolgen, war bislang eine frustrierende Angelegenheit, wie alle Urlauber bestätigen können. Nicht nur, weil wegen der Zeitverschiebung der Bundesliga-Samstag schon vor dem Mittagessen endet (an der Westküste sogar vor dem Frühstück). Nein, in dem Land mit der größten Sportsbar-Dichte und der gigantischsten Auswahl an TV-Sendern überhaupt war es bislang einfacher, eine Regional-Meisterschaft im Bowling im Fernsehen zu verfolgen als die Live-Übertragung eines Bundesliga-Spitzenspiels.

Legendär ist die Unfähigkeit des bisherigen Rechteinhabers Gol TV. Der wurde in den vergangenen Jahren nicht nur aus allen wichtigen Kabelnetzen geworfen und sah seine Reichweite auf zwölf Millionen US-Haushalte schrumpfen, sondern konfrontierte verbliebene Fans auch noch mit äußerst kreativen Programm-Entscheidungen. Wer möchte sonntags schon HSV gegen Bremen sehen, wenn zeitgleich Inverness gegen Celtic im schottischen Pokal spielt? Wen interessiert schon das Abstiegsfinale am letzten Spieltag, wenn Bayern München gegen Mainz 05 antritt?

Bundesliga künftig auf Fox Sports 1 und Fox Sports 2

Kurz: Bundesliga in den USA war ein Desaster - und das war nicht nur ein Problem für Fans, sondern auch für die Liga selbst. In der größten Volkswirtschaft der Welt, in der laut Umfragen Fußball bei den Zwölf- bis 24-Jährigen bereits die zweitpopulärste Sportart hinter American Football ist, kennen selbst Interessierte den deutschen Fußball nur durch die Nationalmannschaft und die Champions League.

Als die Bundesliga die USA dominierte

Wer mit älteren Amerikanern über Fußball spricht, hört häufig ein freundliches "Oh yes, Bor-ussi-ay Monken-gladd-Back". Das liegt nicht an den jüngsten Erfolgen von Borussia Mönchengladbach, sondern an "Soccer Made in Germany". Von 1976 bis 1988 zeigte der Sender PBS in Zusammenarbeit mit der Deutschen Welle jede Woche eine Stunde lang Bundesliga-Fußball (und ein bisschen Europapokal). Viele Jahre war die Sendung die einzige Chance für US-Amerikaner, Fußball im Fernsehen zu sehen.

Das soll sich nun ändern: Von dieser Saison an hält Rupert Murdochs Fox-Konzern die Übertragungsrechte für den amerikanischen Kontinent und große Teile Asiens. Ein Deal, für den die DFL pro Saison zwischen 100 und 150 Millionen Euro kassieren soll. In den USA zeigen die beiden Sportkanäle Fox Sports 1 und Fox Sports 2 künftig jeweils etwa 60 Live-Spiele pro Saison, wie nun verkündet wurde. Die Reichweite von 90 beziehungsweise 47 Millionen Haushalten vervielfacht das potenzielle Publikum der Liga, dazu kommen praktisch alle Sportsbars des Landes, die in der Regel beide Kanäle abonniert haben.

Extrem-Fans zahlen 20 Dollar im Monat oder 100 Dollar im Jahr

Weitere Spiele sind auf dem Bezahlkanal Fox Soccer Plus zu sehen, dazu sollen Extrem-Fans (und Auslandsdeutsche) für den Streaming-Dienst Fox Soccer 2Go begeistert werden. Dort sind alle Partien (plus Champions League und Europa League) für 20 Dollar im Monat oder 100 Dollar pro Jahr live zu sehen. "Nicht so schlimm,wie befürchtet", kommentierte der amerikanische Sportmedien-Blogger Joe Lucia, nachdem in der Sommerpause unter den gepeinigten US-Fans bereits Horror-Szenarien wie eine Abschiebung der Liga in die Fox'schen Digitalkanäle herumgeisterten.

"Liebesaffäre" zwischen dem deutschen Fußball und US-Fans

Mit der traditionellen Skepsis der Basis hat Jonty Whitehead nichts am Hut. "Die Zeit ist reif für Fußball in diesem Land", schwärmt der Fox-Verantwortliche für die Bundesliga, was natürlich sein Job ist. Eine "Liebesaffäre" zwischen dem deutschen Fußball und den US-Fans verspricht er und lobt begeistert Atmosphäre, Spielkultur und Ausgeglichenheit der Liga.

Die Wahrheit ist jedoch, dass die Bundesliga spät aus den Startlöchern kommt. Amerikanische Fußballfans jenseits der Hardcore-Szene kennen Bayern München und Borussia Dortmund (wegen der Champions League) - danach wird es dünn. Englische Vereine wie Chelsea, Manchester United oder Arsenal haben sich längst als Marken etabliert. Spanische Klubs wie Real Madrid oder Barcelona sind gerade in der aufstrebenden Latino-Gemeinde das Nonplusultra.

Der Erfolg der Marke Premier League hängt nicht nur mit dem Expansionsdrang der börsendotierten Spitzenklubs zusammen, sondern auch mit der geschickten Verpackung durch den TV-Konzern NBC Universal: Der präsentiert die Liga als Hochglanz-Produkt, das auch amerikanischen Unterhaltungsansprüchen genügt. Am Wochenende laufen Spiele häufig auf jenen Kanälen, die schon im billigsten Kabelfernsehen-Paket empfangbar sind.

Fußball statt Kardashians

So erreichte das Spiel Manchester United gegen Arsenal im vergangenen Herbst erstaunliche 1,4 Millionen Haushalte. Am letzten Spieltag der abgelaufenen Saison zog NBC alle Register und präsentierte alle zehn Spiele zeitgleich auf seinen Kanälen. Selbst Sender, auf denen sonst der Kardashian-Clan seine Reality-Show präsentiert, wurden für Fußball zweckentfremdet.

Nach dieser Saison laufen die US-Rechte aus, neben NBC sind auch Fox und ESPN an der Premier League interessiert. Erstmals dürften mehr als 200 Millionen Dollar pro Saison aufgerufen werden. Von einer solchen Popularität ist die deutsche Liga in den USA noch weit entfernt. Man wolle "nach und nach mehr Menschen an die Bundesliga führen", erklärt Whitehead dann doch recht bescheiden. Ein Abstecher in den reichweitenstarken Fox-Hauptsender, der die NFL zeigt, ist aber so unwahrscheinlich wie eine Meisterschaft des HSV oder eine ruhige Woche bei 1860 München.

Als Experten hat Fox die ehemaligen US-Profis Eric Wynalda (FC Saarbrücken) und Ian "Killer" Joy (FC St. Pauli) verpflichtet. Zuschauer-Magnet soll vor allem Bayern München sein: Der Verein hat bekannte Nationalspieler in seinen Reihen und betreibt die Expansion auf den US-Markt von seinem Büro in New York aus.

Hoffen auf eine spannende Meisterschaft

Allerdings will Whitehead auch andere Teams auf Fox Sports 1 platzieren und gegen Saisonende Formate wie Konferenzschalten ausprobieren, die in den USA eher ungewöhnlich sind. Eine spannende Saison dürfte den Erfolg der Bundesliga in den Vereinigten Staaten maßgeblich befördern. Ein enges Titelrennen sei kein Muss, sagt Whitehead, "aber natürlich wünschen wir uns das am Ende."

Auch auf der anderen Seite des Atlantik ist die Dominanz des FC Bayern Segen und Fluch zugleich.

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