Deutscher Fernsehpreis 2013:Der Preis ist kalt

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Tiefpunkt in der Geschichte des Fernsehpreises: Die Moderation durch Cindy aus Marzahn und Oliver Pocher. (Foto: dpa)

Die Richtigen gewinnen, aber die Show ist öde. Niemals in der an Tiefpunkten reichen Geschichte des Deutschen Fernsehpreises wurde eine Gala derart lieblos heruntergerattert. Möglich, dass es nach 2014 keinen Preis in dieser Form mehr geben wird.

Von Hans Hoff, Köln

Eine einleuchtend klingende Theorie besagt, dass zwei Drittel der Menschen, die beim Fernsehen arbeiten, ihr Medium und die darin enthaltenen Produkte zutiefst verachten. Dieser Mehrheit muss die 15. Verleihung des deutschen Fernsehpreises am Mittwoch als sehr angemessene Veranstaltung erschienen sein, denn die professionellen Verachter konnten im Kölner Coloneum knapp drei Stunden lang ihre Einstellung hervorragend gespiegelt sehen.

Niemals in der an Tiefpunkten durchaus nicht armen Geschichte des Viersenderpreises wurde eine Gala derart lieblos heruntergerattert. Niemals vorher gab es solch eine uninspirierte Dramaturgie, und niemals vorher gab es einen wie Oliver Pocher.

Deutscher Fernsehpreis 2013
:Er nimmt diesen Preis an

Viele Tränchen, ein Preis für das kontroverse Doku-Format "Auf der Flucht" und eine Hommage an den kürzlich verstorbenen Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki von Ottfried Fischer: Die Verleihung des Deutschen Fernsehpreises 2013 in Bildern.

Der stand offiziell als Moderator im Programm, sah aber offenbar seine Auftritte an der Seite einer dicken Komikerin als konsequente Fortsetzung seiner vorangegangenen Tätigkeit bei Promi Big Brother. Pocher schien sehr daran gelegen, all die Fernsehverachter zufriedenzustellen. Er versemmelte jede Menge Gags durch miserables Timing und machte mehrfach deutlich, dass er "egal" als Haltung missversteht. Ist doch egal, ob eine prämierte Sendung Sport inside oder ein ausgezeichneter Mehrteiler Unsere Mütter, unsere Väter heißt. Kann man doch auch andersrum sagen. "Inside Sport" oder "Unsere Väter, unsere Mütter". Ist doch nur deutsches Fernsehen.

Ein flaues Gefühl

Glücklicherweise hatte wenigstens die Jury aus dem Kreis der Nominierten durchweg die richtigen ausgewählt. Fernsehpreise für Matthias Brandt als bester Schauspieler, für Operation Zucker als bestes Fernsehspiel, für Susanne Wolff als beste Schauspielerin gingen ebenso in Ordnung wie die Auswahl von Theo Kolls Auslandsjournal XXL über die Proteste in Brasilien als beste Information und Zeit der Helden als beste Serie. Eine schöne Überraschung war der Preis für die Reihe Götter wie wir, die sich in der Kategorie Comedy überraschend gegen die Heute Show und Olli Dittrichs Frühstücksfernsehen durchsetzte. Allenfalls bei der Prämierung von Auf der Flucht - Das Experiment machte sich Unbehagen breit, weil sich in dieser Produktion der ehrenwerte Versuch, Flüchtlingsschicksale verstehen zu lernen, doch zu sehr den gängigen Dokutainment-Regeln untergeordnet hatte.

Ein flaues Gefühl stellte sich auch ein, als Ottfried Fischer den Ehrenpreis fürs Lebenswerk überreicht bekam. Zwar war es Laudator Piet Klocke durch einen wirklich witzigen Vortrag gelungen, der leicht zweifelhaften Ehrung die Klebrigkeit zu nehmen, aber dann trafen der Fischer und das Fernsehvolk aufeinander und verstanden sich auf Anhieb überhaupt nicht. Nicht ein Gag zündete. Was als weihevolle Huldigung geplant war, wurde mit jeder Minute mehr zur Peinlichkeit.

Kein schöner Abend war es ebenfalls für die Privatsender. ProSiebenSat.1 musste sich mit einem Preis für den Showimport Got To Dance als beste Unterhaltung zufriedengeben, und RTL bekam gleich gar keine Auszeichnung. Von Verstimmung wollte beim größten Kommerzkanal danach offiziell niemand sprechen, aber man spürte schon, dass es frostig werden könnte, wenn die privaten Ausrichter demnächst mit ARD und ZDF über eine Fortsetzung dieser gemeinsam getragenen Veranstaltung beraten. Könnte also gut sein, dass es nach 2014 keinen Fernsehpreis in dieser Form mehr geben wird. Könnte auch nicht sein. Ist letztlich auch egal. So egal wie vielen Machern das Medium an sich.

© SZ vom 04.10.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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