"Der zweite Mann" im ZDF:Krimi ohne Currywurst

Der zweite Mann; "Der zweite Mann"

Mehr Weichei als abgezockter Banker: Max Riemelt spielt die Hauptrolle in "Der zweite Mann".

(Foto: ZDF/Cristian Pirjol)

Es wird brutal gemordet, viel gevögelt und nie ermittelt: Im "kleinen Fernsehspiel" des ZDF versuchen sich Nachwuchs-Filmemacher - und zeigen, was im Krimi alles möglich ist.

Von Katharina Riehl

Wenn die Dinge im Leben zu einfach gehen, ist meist Skepsis angeraten, und Adrian erreicht diesen Punkt erst, als es im Grunde schon zu spät ist. Einfach so bietet ihm sein Boss in einer Wirtschaftsprüfungsfirma eine Beförderung an, er soll die Buchführung einer privaten Investmentbank übernehmen. Aber nicht, das wird ihm später klar, weil man ihn für einen so großartigen Wirtschaftsprüfer hielt. Man hält ihn für ein großartiges Weichei, einen, der sich nicht trauen wird, die manipulierten Zahlen auffliegen zu lassen. Sein Vorgänger jedenfalls ist nicht zufällig spurlos aus jener korrupten Bank verschwunden.

Der zweite Mann heißt der Film, ein Business-Thriller - die Geschichte düsterer Machenschaften im Auftrag des Geldes. Und Der zweite Mann ist ein Nachwuchsfilm, betreut von der ZDF-Redaktion "Das kleine Fernsehspiel", für die junge Autoren und Regisseure oft großartige und oft sehr ernsthafte Fernseh- und Kinofilme schreiben und inszenieren, die vom Sender brav gelobt werden, aber wegen mangelnder Quotenperspektive zu später Stunde einem dann schon sehr überschaubaren Publikum präsentiert werden.

Jetzt aber hat die ZDF-Nachwuchsredaktion unter dem Titel "Stunde des Bösen" vier Thriller drehen lassen, junge Filmemacher sollten sich am Genre Krimi versuchen. Es ist die sanfte Annäherung an die Fernsehrealität, nicht nur an die in Mainz.

Keine Filme für klassische Sendeplätze

Keiner der vier Filme ist ein klassischer Krimi mit Hauptkommissar und Currywurst - weder die Banker-Story Der zweite Mann, noch In der Überzahl (ein Mann wird von einem Jugendlichen als Geisel genommen), Die Frau hinter der Wand (ein Jurastudent verfällt seiner unheimlichen Nachbarin) oder Der Sieger in dir (ein Mann rettet seinen Jugendfreund von der Straße, der aber leider nicht alle Tassen im Schrank hat).

Keiner dieser Filme, alle besetzt vor allem mit unbekannten Nachwuchsschauspielern, könnte wahrscheinlich auf einem der klassischen Krimisendeplätze laufen, um 20.15 Uhr am Montag, Freitag oder Samstag - auch wegen der Altersfreigabe, und weil die Geschichten zu ungewöhnlich sind für einen Quotenhit bei der üblichen Krimikundschaft.

Es wird brutal gemordet, viel gevögelt, nie ermittelt und am Ende nur selten jemand ins Gefängnis gesteckt. Wenn, zum Beispiel, in dem Film In der Überzahl sich der ganze Konflikt, die ganze Angst, zwischen dem Vorder- und dem Hintersitz eines Wagens entwickelt, dann zeigt das sehr schön, was im Krimi alles möglich ist.

Nachwuchstalente denken "eher an große Sozialdramen"

In Deutschland werden an Filmhochschulen zwischen München und Berlin jedes Jahr sehr viele sehr begabte Filmemacher ausgebildet, die dann von Nachwuchsredaktionen betreut und mit Nachwuchspreisen ausgezeichnet werden. Die Frage ist nur, was dann passiert, ob es also eine Brücke gibt vom Arthouse-Film, von dem man selten leben kann, zur Fernsehware, von der zumindest manche leben können. Das gilt für Dokumentarfilme genauso wie für Spielfilme.

Claudia Tronnier, seit 2008 Redaktionsleiterin des kleinen Fernsehspiels, sagt, klassischerweise kämen die Nachwuchstalente ja von den Hochschulen und denken "eher an große Sozialdramen als an Krimis". Nicht an das also, was man nach der Nachwuchszeit im Fernsehen meist so unterbringt. Sie sagt, man wollte "die Nachwuchstalente durchaus mal an fernsehaffine Genres heranführen". Willkommen im Leben.

Der zweite Mann, ZDF, 23.50 Uhr; drei weitere Filme jeweils am 10., 17. und 31. März.

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