Interview in der "Zeit":Böhmermann - Mensch, Fisch, Früchterl

ZDF-Magazin 'Neo Magazin Royale' -  Jan Böhmermann

So sieht ein Aktionskünstler aus: Jan Böhmermann in der Kulisse seiner Show Neo Magazin Royale.

(Foto: dpa)

Jan Böhmermann offenbart im Interview mit der "Zeit", wie er sich sieht. Etwas Größenwahn schwingt mit.

Kommentar von Heribert Prantl

Jan Böhmermann ist mehr als ein Comedian; er ist ein Aktionskünstler. Er hat es nicht nur hingekriegt, dass sein Schmähgedicht durch die dumme Reaktion von Erdoğan zu einem satirischen Gesamtkunstwerk geworden ist. Er hat es auch geschafft, dass kaum mehr einer sagen mag, dass er das blöde Gedicht gar nicht so gut findet - aus Angst davor, dann als reaktionär zu gelten.

Immerhin hat das Gedicht ja dazu geführt, dass sich Leute mit den Schandtaten Erdoğans befasst haben, die das sonst nicht getan hätten. Das ist eine Leistung.

Und es ist auch eine Leistung, dass sein Interview in der Zeit, in dem er sich bitterlich über Angela Merkel beschwert und sich mit dem chinesischen Dissidenten Ai Weiwei vergleicht, nun interpretiert werden wird wie ein verschlüsseltes Gedicht eines Literaturnobelpreisträgers; man stutzt zunächst, weil Ai im chinesischen Kerker saß und Böhmermann allenfalls eine kleine Geldbuße droht.

Aber könnte ja sein, dass auch das Interview eine Satire ist - und also der kleine Größenwahn, der da mitschwingt, Teil und Ausdruck künstlerischer Freiheit ist.

Die Kanzlerin habe ihn filetiert, klagt er. Das ist genial, weil man nun darüber rätseln kann, ob er sich als Fisch sieht, bei dem Merkel Haut und Gräten entfernt hat; oder als Zitrusfrucht, die sie geschält und gehäutet hat. Übrig geblieben ist jedenfalls der reine Böhmermann. Ein Mensch, ein Fisch, ein Früchterl.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: