Süddeutsche Zeitung

"Der Minister" auf Sat1:Fast ohne Krampf

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Karl-Theodor zu Guttenberg ist wieder da, zumindest in der Fernsehsatire "Der Minister". Die erzählt mit feinem Humor die Geschichte eines Politikers, dem Epoche zugetraut wurde, und der doch nur Episode blieb. Kein anderer Sender wollte den Stoff - da kann man nur sagen: schön blöd.

Von Nico Fried, Berlin

Es gibt eine Szene in diesem Film, die selbst den skeptischsten Zuschauer überzeugen könnte. Dabei handelt es sich um die fiktive Fortsetzung einer wahren Begebenheit aus der Zeit der Plagiatsvorwürfe gegen Karl-Theodor zu Guttenberg. Die Bundeskanzlerin nahm den falschen Doktor damals mit den Worten in Schutz, sie habe einen Verteidigungsminister engagiert und "keinen wissenschaftlichen Assistenten". Soweit die Realität.

Im Fernsehfilm Der Minister ist nun zu sehen, wie es weitergegangen sein könnte; wie die Kanzlerin von ihrem Mann, einem Professor, zur Rede gestellt wird. Es ist eine köstliche Szene, in der ein kurzer, scharfer Dialog die Absurdität des Arguments auf intelligente Weise entlarvt, ohne die Vorgeführten platt zu denunzieren. Es ist der Idealfall einer politischen Satire, wie es ihn im deutschen Fernsehen selten gibt.

Zwei Jahre nach dem Rücktritt von Karl-Theodor zu Guttenberg zeigt Sat 1 am kommenden Dienstag die Geschichte eines Politikers, dem Epoche zugetraut wurde, und der doch nur Episode blieb. Kein anderer Sender habe den Stoff gewollt, berichtete Regisseur Uwe Janson bei der Vorpremiere am Montag in Berlin. Da kann man nur sagen: schön blöd.

Der Minister erzählt von dem mäßig begabten Adelssprössling Donnersberg, der von einem Ghostwriter und einem Chefredakteur in der Politik hochgeschrieben wird. Nein, die Satire reicht nicht an Schtonk heran, manches ist purer Klamauk, gelegentlich überschreitet der Film die Grenzen des schlechten Geschmacks. Gerade weil Humor stets eine ernste Angelegenheit ist, liegt ein gewisses Verdienst des Films trotzdem im Nachweis, dass Satire amüsant sein kann, auch wenn sie nicht auf dem Über-Niveau des frühen Helmut Dietl angesiedelt ist, das dieser bekanntlich selbst nicht mehr erreicht.

Eine Art Faustregel besagt, dass ein politischer Vorgang sich umso weniger für eine Karikatur oder eine Glosse eignet, je absurder er aus sich selbst heraus ist. Wer der Versuchung nachgibt, Lächerliches noch lächerlicher zu machen, kann leicht scheitern. Regisseur Janson und die Drehbuchautorin Dorothee Schön müssen sich dieser Gefahr bewusst gewesen sein, denn sie sind ihr kaum erlegen. Den Kern der Geschichte vom Aufstieg und Fall Guttenbergs gibt der Film geradezu penibel wieder. In manchmal fast atemberaubendem Tempo eilt er von einer, nun ja, historischen Schlüsselstelle zur nächsten - und vertraut zu Recht darauf, dass die simple Nachzeichnung der krampfhaften Überzeichnung humoristisch überlegen ist.

Gleichwohl hat der Film auch da Stärken, wo er ganz bewusst über die Karikatur etwas Neues schafft. Am wenigsten gelingt das zwar ausgerechnet bei der Hauptfigur des Ministers (Kai Schumann), der sich in sehr engen Grenzen seines tumben Daseins bewegen muss. Dafür macht die Art, wie Katharina Thalbach die Kanzlerin Angela Murkel irgendwo zwischen den typischen bunten Jacken des Originals und der Schrulligkeit von Queen Elizabeth anlegt, diesen Film allein schon sehenswert.

Die deutsche Politik hat ein Inventar an Sätzen, die jeder kennt. Dazu gehört Helmut Schmidts Spruch, wer Visionen habe, solle zum Arzt gehen, oder Gerhard Schröders Rüttelruf am Zaun des Kanzleramtes: "Ich will hier rein!" Diese Legenden tauchen auch in Der Minister auf, wo sie nichts wert sind. Die besten Pointen setzt der Film vielmehr da, wo er das immense Glossar an Stichwörtern abarbeitet, das der Fall Guttenberg hinterlassen hat.

Das reicht vom berühmten Kairos aus dem ersten Satz der Doktorarbeit über den Unterschied zwischen angemessen und nicht angemessen als Bewertung eines Bombardements in Afghanistan, bis hin zum Kanzlerinnensatz, sie erwarte von ihrem Wirtschaftsminister im Falle Opel keine Fragen, sondern Antworten. Vieles ist originalgetreu, manches steht plötzlich in anderem Zusammenhang. Dieses Wechselspiel hat Charme, weil die Notwendigkeit zur Unterscheidung zwischen Wirklichkeit und Fiktion zeigt, wie nahe beides in der Guttenberg-Groteske beieinanderlag.

Wegen seiner Detailtreue ist Der Minister auch wie eine Rückblende in eine politische Karriere, die heute schlicht surreal erscheint. Da ist die alberne Selbstinszenierung des Anti-Politikers, die Betonung seiner Unabhängigkeit durch ständige Rücktrittsdrohungen, die öffentliche Ehe als Zugewinngemeinschaft für politische und andere Zwecke; da ist aber auch die Hingabe, mit der die Medien weit über den Boulevard hinaus die Remonarchisierung Deutschlands betrieben.

Produzent Nico Hofmann hat Guttenberg zur Vorpremiere eingeladen. Gekommen ist er nicht. Es mag die Ironiefähigkeit des Ex-Ministers überfordert haben, dass ausgerechnet der Fall des populärsten Politikers der vergangenen Jahre sich nun als sehr geeignet erweist, auch die politische Satire wieder populär zu machen.

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Quelle:
SZ vom 06.03.2013
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