Der Kirmeskönig:RTL wieder von Sinnen

Der Kirmeskönig: Wiedervereinigung: Hugo Egon Balder und Hella von Sinnen.

Wiedervereinigung: Hugo Egon Balder und Hella von Sinnen.

(Foto: RTL)

Wann ist eine Sendung lustig? Ein letztes Aufbäumen zweier Dinosaurier des Privatfernsehens.

Von Hans Hoff

Unterhaltungsfernsehen ist dann besonders gut, wenn es entweder um ganz viel geht oder alles egal ist. Wenn es wichtig erscheint, ob jemand gewinnt, dann kann man mitfiebern und hoffen, dass etwas gelingt, siehe Schlag den Raab. Aber es gibt auch das Fernsehen, das einfach nur da ist, weil es da ist. Es definiert seine eigene Existenz aus dem Vorhandensein, aber selbst das kann Freude bereiten. Das beste Beispiel für derartig sinnfreie Belustigung war sicherlich die Ende der 1980er-Jahre gestartete RTL-Show Alles nichts oder?!, in der es nur darum ging, möglichst albern Sendezeit zu füllen und am Schluss irgendwem eine Torte ins Gesicht zu werfen. Moderiert wurde die Show von Hella von Sinnen und Hugo Egon Balder.

Nun sind die beiden wieder zurück. RTL hat sich ihrer für diesen Rücksturz in die Achtziger erinnert und sie aus der TV-Gruft exhumiert. Nun stehen sie auf dem Düsseldorfer Rummel und sollen zehn Wettbewerbe veranstalten. Die Kirmeskönige heißt die Show, die davon profitiert, dass man Kandidaten auf die umliegenden Fahrgeschäfte schicken und dort malträtieren kann.

Zwar gibt die Sendung vor, aus den sogenannten Promis einen Sieger ermitteln zu wollen, aber in Wahrheit geht es nur darum, für 1,97 Millionen Zuschauer knapp vier Stunden lang quietschbunte Bilder zu produzieren und möglichst viele Menschen albern aussehen zu lassen. Das fängt mit den Moderatoren an, die sich standesgemäß als "fette Schnecke" (Hugo zu Hella) und "magersüchtiges Frettchen" (Hella zu Hugo) titulieren und so die eigene TV-Historie zitieren. Beide wissen, dass sie längst raus sind aus dem Fernsehgeschäft, dass sie niemals wieder bedeutend werden. Aber das macht ihnen nichts. Mit ihrer über Jahrzehnte erlangten Schnoddrigkeit reißen sie das Ding runter wie nichts. Sie sind wieder da, aber irgendwie auch fast schon wieder weg. Ein letztes Aufbäumen der Dinosaurier ist zu bestaunen.

Dazu gibt es bunte Bilder, wenn Kandidaten kiloweise Süßigkeiten essen und danach auf die Achterbahn müssen, um dort Bierkrüge mit möglichst viel Inhalt ins Ziel zu bringen. Als eine Teilnehmerin zu Bedenken gibt, dass dieses Tun möglicherweise ein gewisses Unwohlsein zur Folge haben könnte, nickt Balder sehr laut. "Das ist ja das Schöne. Wir wollen sehen, was rauskommt." Natürlich hängt kurz danach ein Kandidat über der Reling. "Ich kann nicht mehr, ich kotze", hat er nach der wilden Fahrt gesagt. Aber das hört keiner, weil es vorher so lustige Bilder von überschwappenden Krügen und verzweifelten Krughaltern gab.

Es ist alles so egal, dass es egaler nicht sein könnte. Aber letztlich ist es bekanntlich genau das, was einen Kirmesbesuch und einen unendlichen Fernsehabend vereint. Es geht um nichts, und manchem wird auch zwischendrin schlecht, aber ab und an macht es dann doch immer mal wieder ein bisschen Spaß.

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