In der Personalakte von Kommissar Rex haben sich erstaunliche Meldungen angesammelt, nachdem ihn der ORF vor bald einem Vierteljahrhundert in den Dienst stellte. Es gab Einsätze in Vietnam, Australien sowie als Lögregluhundurinn Rex, das war Isländisch. In Italien ermittelte Il commissario Rex mit großer Ausdauer, in Deutschland hingegen gab es 2004 den Rexit. Seitdem rotieren alte Folgen in Bestandswareschleudern wie Sat 1 Gold, und unglaubliche bis zu 600 000 Menschen schauen zu.
Zahlen wie diese waren Sat 1 Argument genug, eine Art Wuff-off zu produzieren. Der neue Rex heißt Rocky und wiegt 50 kg bei einer Kopfhöhe von 75 cm. Rocky ist kein Deutscher Schäferhund, er ist ein Bullmastiff, also für Polizeikommissar Elias Decker (Jens Atzorn) ein sehr reichlich sabbernder Partner mit Faltenschnauze. Gemeinsam ertragen müssen sie die Zuschreibung, Der Bulle und das Biest zu sein. Wer dann noch liest, dass die neue Serie in Berlin spielt, der muss nicht Oberbürgermeister im Neckartal sein, um sich zu fragen: Verkraftet diese Stadt, in der an realer Hundescheiße kein Mangel herrscht, eine weitere deutsche Serienfiktion?
Diese jedenfalls wird Berlin locker verkraften. Zwar rumpeln Bulle und Biest zu Beginn gehörig. Gleich die Startsequenz ist unglücklich überzeichnet, der Hund beißt den Polizisten dort, wo es wirklich sehr weh tut, dann pinkelt er ihn an. Andere Szenen verzichten komplett auf Logik. So verriegelt sich Rocky im Auto des Kommissars, um seiner Einschläferung zu entgehen. Schlauer Hund. Gerne gesehen hätte man auch den noch schlaueren Hund und seinen offenbar geglückten Versuch, den Wagen wieder zu öffnen. Fast grotesk wird es, als Rocky am Tatort eine stattliche Tasche mit einem halben Kilo Crystal aus der Hecke zieht. Der Spurensicherung war diese angeblich nicht aufgefallen.
Wichtiger aber ist die grundsätzlich gelungene Anordnung der Figuren, der privatfernsehadäquat schroffe bis gelegenheitslustige Ton, der zeitgemäß zügige Schnitt der Serie. Pro Folge gibt es einen Kriminalfall in halber Tatort-Länge. Die Figur Elias Decker umnebelt das nötige bisschen Moschus. Gleichzeitig aber ist sie ironisch dort gebrochen, wo zur Karikatur würde, was früher schon nicht wirklich männlich war. Zudem funktioniert die Serie auch deswegen und mindestens ordentlich, weil die Dialoge für das Genre überdurchschnittlich ausfallen. In Folge eins erzählt ein Mann Decker alles andere als beiläufig, er gehe mit dessen Chef häufig Golf spielen. Decker sagt, er möge dem Innensenator zwischen zwei Löchern doch bitte ausrichten, "dass wir immer noch Windows 98 auf unseren Rechnern haben". In Folge 2 wiederum wird der Kommissar von der Spusi zum Tatort geführt, eine Frau liegt im Sand, für alle sichtbar beschädigt von der schweren Front eines sehr großen Baggers. Decker stellt also blitzsauber fest: "Was die Todesursache angeht, also, ich würde mal stark auf die Baggerschaufel tippen?
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