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Der 30. Bella-Block-Krimi im ZDF:So versinkt man in Klischee-Lethargie

Es gäbe Grund zum Feiern: Die ZDF-Ermittlerin Bela Block kommt zum 30. Mal auf den Bildschirm. Doch das Jubiläum der Krimi-Serie geht furchtbar schief: Selten hat man eine Geschichte sehen müssen, die so lau und klischeebeladen ist. Arme Hannelore Hoger!

Werner Bartens

Liebe Regisseure und Drehbuchautoren: Wenn ihr das Grauen in einer chronischen Beziehung darstellen wollt, müsst ihr das nicht immer in dieser Vorort-Brache mit den geklonten Häusern aus dem Katalog ansiedeln, in denen sich die Ehepaare anöden und der Baukredit nicht mehr für die Gartengestaltung gereicht hat.

Zerrüttete Paare gibt es auch in schicken Altbauetagen. Ein Hamburg-Krimi muss gastronomisch auch nicht zwangsläufig in einem Fisch-Imbiss spielen. Nein, auch nicht in einer Hafenkneipe oder auf dem Kiez. Und wenn ihr schon zwei verdiente Veteraninnen des deutschen Fernsehens wie Hannelore Hoger und Maren Kroymann zusammenspannt, müsst ihr sie nicht in post-menopausaler Melancholie von frühen, wilden Affären schwärmen lassen, auch wenn beide diese alberne Szene mit erstaunlicher Würde herunterspielen.

Was aber gar nicht geht, ist dieser Balsamico-Creme-Effekt. So wie fades Essen derzeit flächendeckend mit der trendigen Sauce am Tellerrand aufgehübscht wird, geben die Krimimacher überflüssigen Zierrat auf ihre banale Beziehungsgeschichte. In diesem Fall hält Bella Blocks Freundin einen Vortrag über das vermeintliche "Mörder-Gen" und die Frage, ob es den geborenen Verbrecher gibt.

Das sieht im Film dann so aus, als ob ein Praktikant ein paar Minuten in Wikipedia herumgestöbert hat, obwohl das eine Beleidigung für die meisten Praktikanten ist: Gezeigt werden Bilder von Hirn-Scans, bunte Chromosomen-Analysen und dazu ein bisschen Gerede über Gene, Traumatisierung und Serotonin-Spiegel vor gebanntem Hörsaal-Publikum. Das muss ja wissenschaftlich nicht alles korrekt sein. Egal auch, dass die These vom geborenen Verbrecher längst als reduktionistischer Unsinn entlarvt ist. Schlimm aber, dass dieser Faden zwar anfangs gesponnen, aber im weiteren Verlauf nie wieder aufgenommen wird.

Der 30. Bella-Block-Krimi "Stich ins Herz" (Achtung: doppeldeutig), bei dem das Opfer mit einem Fischmesser (zur Erinnerung: Hamburg) im, genau: Herzen aufgefunden wird, ist vielmehr völlig konventionell. Es geht um eine betrogene Ehefrau, Eifersucht und Affekt, das Übliche. Der Mann ist schwach, aber voller Begierden, die Frau somatisiert so vor sich hin. Täter und Tatmotiv sind so naheliegend, dass der im Polizeipräsidium lustig herumzappelnde Zwischendurch-Verdächtige so fehl am Platz wirkt wie ein Silvesterböller auf einer Trauerfeier.

Solche Irritationen reißen einen immerhin aus der Klischee-Lethargie. Man wünscht sich, dass sich Hoger oder Kroymann mal auf ein Furzkissen setzen, während Bella Block sagen muss, dass sie mit der Zeit "durchlässiger, verwundbarer" geworden ist, dann wäre die Szene erträglicher. Spannend ist allerdings, wie sich so wunderbare Schauspieler wie Sebastian Koch, Anna Schudt und Devid Striesow tapfer durch die laue Geschichte retten. Vermutlich tun sie es allein Hannelore Hoger und ihrer Jubiläumsfolge zuliebe. Andere Frage: Gibt es eigentlich geborene Langweiler?

Bella Block - Stich ins Herz. ZDF, Samstag, 20.15 Uhr.

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SZ vom 25.11.2011/gr
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