"Dein Wille geschehe" auf Arte:Endlich Jungs

Am Ende eines Sommers der Debatten über Blasphemie, Beschneidung und Karikaturen macht Arte die Religion zum Serien-Thema. In "Dein Wille geschehe" wird ein katholisches Ordensseminar zum Schauplatz. Ausgerechnet hier wird zum ersten Mal seit langem in einem Serienformat von jungen Männern unserer Zeit erzählt.

Claudia Tieschky

Dein Wille geschehe (1)

Fünf junge Männer auf dem Weg zum Priestertum. v.l.: Emmanuel (David Baïot), Yann (Julien Bouanich), Guillaume (Clément Manuel), José (Samuel Jouy) und Raphaël (Clément Roussier)

(Foto: Zadig Films/François Rousseau)

Es war der Sommer, in dem Gerichte über Beschneidung urteilten und Karikaturen zu Blasphemie-Debatten führten. Das kann man rätselhaft finden, aber es ist so. Religion, das lässt sich wertfrei beobachten, ist nicht mehr so privat, wie sie es einmal war. Das sagt nichts darüber aus, ob dieses Land konservativer, gläubiger oder erlösungssehnsüchtiger geworden ist.

Gutes Fernsehen kann ja manchmal die virulenten Geschichten einer Gesellschaft als erster in Form bringen. Bei Arte beginnt jetzt eine französische Serie über fünf junge Männer, die katholische Priester werden wollen. Sie fragen sich, was Gott mit ihnen vorhat, und Gott ist also in dieser TV-Herbstsaison nicht John Malkovich mit der Kaffeepad-Werbung. Die inneren und äußeren Dramen spielen sich in einem Kapuziner-Seminar mitten im Quartier Latin von Paris ab, der Abt Etienne Fromenger herrscht dort, ein kämpferischer Koloss in Cordhosen, der sich einst als Arbeiterpriester und Kirchenreformer reichlich Feinde gemacht hat. Fromenger ist kompromisslos gegenüber dem teuer gewandeten Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Kardinal Roman. Beide Kirchenmänner trennen Welten, im Temperament sind sie sich ähnlich, sie ertragen sich nicht. An ihrem Zwist scheitert die Reparatur von Fromengers Kirche, in der das Regenwasser schließlich vom Gekreuzigten tropft.

Produzent Bruno Nahon, kein Katholik, hat vor dem Serienstart erklärt, dass die Kircheninstitutionen von denselben Konflikten und Problemen durchdrungen seien wie das normale Leben. Außerdem - und das ist eine Confessio ganz im Stil der französischen Sozialisten, denen Arte seine Gründung verdankt - außerdem wollte er eine europäische Serie, die so gut sei wie die tollen amerikanischen Produkte.

In Dein Wille geschehe stehen die Guten kämpferisch auf der Seite eines modernen, offenen Katholizismus, worüber man erleichert ist. Denn als nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil sozialisierter Mensch ist man inzwischen ja soweit, selbst Dinge zu verteidigen, die man früher peinlich fand (schlecht gestimmte Gitarren, Predigten über Fernsehsendungen), einfach weil man fassungslos ist über all diese Retro-Trends - dass Menschen etwa die lateinische, für die meisten unverständliche Messe zurückhaben wollen.

Kult und Kirchenlehren sind hier reizvolles Beiwerk. Eigentlich aber ist Dein Wille geschehe seit langem die erste Serie, die anhand der fünf Seminaristen über junge Männer unserer Zeit erzählt - wie sie auf instabile Eltern reagieren, auf Leistungsdruck, auf Frustration und Gewalt. Das ist manchmal etwas schematisch, gelegentlich naiv, aber es ist mehr als fair - bei den vielen Mädchen-Serien -, dass dieses Thema mal zur Sprache kommt. Dafür ist die katholische Männergesellschaft als Kulisse ideal. Und so beginnt Dein Wille geschehe mit dem leicht dornenvögelhaften Satz des jungen Yann an eine weinende Pfadfinderin, mit dem die Verhältnisse gleich geklärt sind: Du bist ein ganz tolles Mädchen, Fabienne, ich bin sicher, du wirst den richtigen Mann finden.

Dein Wille geschehe, Arte, immer donnerstags, je zwei Folgen 20.15 und 21.05 Uhr

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