Die Hehlerei, also vereinfacht gesagt der Handel mit Diebesgut, war schon bei den alten Römern verboten. Ziemlich neu ist dagegen der Tatbestand der Datenhehlerei. Er steht erst seit gut einem Jahr im Strafgesetzbuch. Bürgerrechtler und Journalisten sehen in der Regelung einen Verstoß gegen die Pressefreiheit und haben an diesem Freitag nun Verfassungsbeschwerde eingereicht.
Das Gesetz war vor allem gegen den Handel mit Konto- und Kreditkartendaten gedacht, betrifft aber auch Whistleblowing, also die Weitergabe von geheimen Daten etwa aus Behörden oder Unternehmen. Das Leaken selbst ist in der Regel ohnehin verboten, als Verstoß gegen das Dienst- oder Betriebsgeheimnis. Der neu geschaffene Paragraf wendet sich nun gegen jene, die sich solche Daten besorgen, weitergeben oder veröffentlichen. Ihnen drohen bis zu drei Jahre Haft.
Zwar sind Journalisten davon prinzipiell ausgenommen, das Gesetz sei allerdings "so schlampig formuliert", sagt Ulf Buermeyer, dass es "ein Minenfeld für investigativ arbeitende Journalisten" schaffe. Buermeyer ist Vorsitzender der Organisation Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) und im Hauptberuf Richter. Neben der GFF haben auch Reporter ohne Grenzen, das Onlinemedium Netzpolitik.org und sieben Journalisten die Beschwerde beim Verfassungsgericht eingereicht. Sie stört vor allem, dass das Gesetz sehr eng definiert, wer unter die Pressefreiheit fällt. Absicht will Buermeyer dem Gesetzgeber nicht unterstellen, das Justizministerium habe im zufolge aber fahrlässig gearbeitet.
Keine Strafverfolgung zu fürchten hat demnach nur, wer "berufsmäßig" als Journalist arbeitet. Wer nebenher einen Blog betreibt, ist schutzlos. "Wir sind eine kleine vernetzte Redaktion und arbeiten mit vielen Ehrenamtlichen zusammen", sagt Markus Beckedahl, Chefredakteur von Netzpolitik.org. Das Portal berichtet häufig über Datenschutz und staatliche Überwachung. 2015 hatte die Generalbundesanwaltschaft kurzzeitig gegen Beckedahl und einen Kollegen in Zusammenhang mit Enthüllungen zum NSA-Skandal wegen Landesverrats ermittelt.
Zu den Beschwerdeführern gehört auch Peter Hornung. Der Reporter des Norddeutschen Rundfunks hat - zusammen mit einem Team, zu dem auch Redakteure der SZ gehörten - etwa die Panama Papers ausgewertet. "Diese Dokumente verstehen Sie kaum, wenn sie kein Jurist oder Steuerexperte sind", sagt er. Journalisten müssten mit Fachleuten zusammenarbeiten und ihnen die Unterlagen zeigen. Diese Experten sind durch den Datenhehlerei-Paragrafen nicht geschützt. Bisher haben die Behörden zwar noch keine Ermittlungen nach dem Gesetz eingeleitet. "Die Brisanz des Gesetzes ist aber nicht seine Anwendung, es ist seine Existenz", sagt Hornung. Er müsse nun alle Kontakte auf die Gefahr hinweisen, sich strafbar zu machen. "Dadurch werden die Leute zurückhaltend. Das ist eine gewaltige Einschränkung unserer Arbeit."
Von den Verfassungsrichtern erhoffen sich die Beschwerdeführer nicht nur, dass es das Gesetz zur Datenhehlerei aufhebt. "Wir erhoffen uns eine Klarstellung, wer unter den Schutz der Pressefreiheit fällt", sagt Christian Mihr vom Verein Reporter ohne Grenzen. Wenn das Gericht dazu auch Blogger, Bürgerjournalisten und Zuarbeiter zählt, hätte das eine internationale Signalwirkung. In autoritären Ländern werden diese häufig nicht als Journalisten anerkannt und staatlich verfolgt.
Das Bundesjustizministerium sieht in dem Gesetz keinen Eingriff in die Pressefreiheit. Wer von Journalisten als Experte hinzugezogen werde, müsse die Daten selbst nicht weitergeben und begehe somit keine Hehlerei, teilt ein Sprecher mit. Die Berufsmäßigkeit werde auch für andere rechtliche Privilegien von Journalisten vorausgesetzt.