BGH-Urteil:Kameramann von "Das Boot" erwirkt Grundsatzurteil

BGH-Urteil: Bei dem Rechtsstreit geht es nicht nur um Das Boot und um Jost Vacano, sondern um Grundsätzliches.

Bei dem Rechtsstreit geht es nicht nur um Das Boot und um Jost Vacano, sondern um Grundsätzliches.

(Foto: HERMANN J. KNIPPERTZ/Associated Press)
  • Jost Vacano, Kameramann von "Das Boot", hat vor dem Bundesgerichtshof ein Grundsatzurteil errungen, das die Sender unter dem Strich viel Geld kosten dürfte.
  • Profitieren werden auch die Kameraleute, Drehbuchautoren und Regisseure anderer Erfolgsfilme.
  • Allerdings haben die Richter in Karlsruhe den Rechtsstreit um die angemessene Vergütung Vacanos an das Oberlandesgericht Stuttgart zurückverwiesen.

Von Wolfgang Janisch

Gut möglich, dass sich Jost Vacano nach dem BGH-Urteil eine sarkastische Anspielung auf einen anderen Film erlaubt hat, für den er hinter der Kamera stand, Die unendliche Geschichte. Denn bereits seit 2008 kämpft der Kameramann in verschiedenen Verfahren um eine angemessene Vergütung für seine Beteiligung an Wolfgang Petersens Klassiker Das Boot.

Nun hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, es sieht gut aus für Vacano, aber wie hoch die Summe ausfallen wird, darüber muss nun das Oberlandesgericht Stuttgart entscheiden. Klar ist aber: Vacano, inzwischen 85 Jahre alt, hat ein Grundsatzurteil errungen, das die Sender unter dem Strich viel Geld kosten dürfte. Denn es geht nicht nur um Das Boot und nicht nur um Jost Vacano. Profitieren werden auch die Kameraleute anderer Erfolgsstreifen, und nicht nur sie, sondern auch Drehbuchautoren und Regisseure, manchmal vielleicht auch die Leute am Ton.

Auslöser der Klage gegen acht ARD-Sender ist der 2002 geschaffene "Fairnessparagraf", der den Beteiligten an einem Filmerfolg nachträglich eine "angemessene Beteiligung" gewährt, wenn ihr Lohn in einem "auffälligen Missverhältnis" zum Erlös steht. Davon gehen die Gerichte dann aus, wenn der erhaltene Lohn nur die Hälfte des Betrags ausmacht, der im Nachhinein eigentlich angemessen gewesen wäre. Die Schwierigkeit besteht nun darin, wie man diese Angemessenheit berechnet. Dafür hat der BGH nun Maßstäbe festgelegt, die er aus den Tarifverträgen der Sender entnommen hat. Dort sind Regeln für eine Wiederholungsvergütung niedergelegt: Zu zahlen ist ein bestimmter Prozentsatz der ursprünglichen Entlohnung, dessen Höhe je nach Ausstrahlungskanal variiert; Wiederholungen auf 3sat sind günstiger als im ARD-Hauptprogramm.

So hatte es bereits das OLG gesehen, und der BGH hat dies im Prinzip bestätigt. Allerdings dürfen die Stuttgarter Richter bei ihren Berechnungen nicht die vollen 100 000 Euro zugrunde legen, die Vacano in den 80er Jahren bekommen hat - weil sich dieser Betrag sowohl auf TV-Rechte wie auch auf die Verwertung im Kino oder im DVD-Verkauf bezog. Maßgeblich ist nun vielmehr nur der Teil, der sich auf das Fernsehen bezieht. Ob Vacano dadurch am Ende weniger Geld bekommt, als ihm das OLG zugestanden hat, ist schwer abzusehen. Einerseits ist eine rechnerisch geringere Ausgangsvergütung schneller "unangemessen", verglichen mit den ARD-Erlösen aus der ständigen Wiederholung des Films. Andererseits schrumpft damit aber auch der Faktor, aus der sich seine Wiederholungsvergütung errechnet. Eine weitere Vacano-Klage wird im Sommer verhandelt; das OLG München hatte ihm 588 000 Euro zugesprochen.

In den Rechtsabteilungen der Rundfunkanstalten werden sie jedenfalls heftig nachrechnen, was das Karlsruher Urteil in Euro bedeutet. Denn wie auch immer die Details ausfallen: Klar ist, dass künftig jedenfalls eine deutlich größere Zahl von Beteiligten profitiert, wenn ein Film so erfolgreich ist, dass er häufig im Programm wiederholt wird. Das wird nicht für die gesamte Namensliste im Abspann gelten, aber durchaus für Beteiligte, denen ein wichtiger Anteil am Erfolg zuzuschreiben ist. Denn der Erlös der Sender, so der BGH, bestehe letztlich darin, dass sie die Programmplätze nicht mit anderen, womöglich neu produzierten Inhalten füllen müssen. Und wer sich die Programme der ARD-Sender anschaut, dem wird auffallen, dass die Wiederholung zum öffentlich-rechtlichen Kerngeschäft gehört.

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