Subtilität ist ihre Sache nicht in diesem Hörspiel. Die ihrer Gegner ist das - und zwar tagein, tagaus - jedoch auch nicht. Und warum sollte die Schauspielern Cynthia Micas smarter sein müssen, souveräner oder differenzierter als diejenigen, die sie anfeinden? Bewusst oder unbedacht oder sogar aus einer merkwürdigen Art Hilflosigkeit heraus?
Cynthia Micas ist Schauspielerin. Deutsche. Und Person of Color. Das Erste hat sie sich ausgesucht. Die anderen beiden Dinge nicht. In ihrem Hörspiel Afrodeutsch gibt sie nun ein großes Solo. Als menschgewordene Wand. Einfallswinkel gleich Ausfallswinkel, ein Grundgesetz der Physik. Was die Menschen sie fragen, was sie ihr an den Kopf werfen, das prallt einfach zurück. Landet wieder vor den Füßen - oder auch in der Magengrube - derer, die sie verletzen wollen. Oder, genauso schlimm, die nicht denken, bevor sie sprechen.
Das Übliche, das Alltägliche: "Wo kommst du denn her? Klar, Berlin, aber eigentlich?" Oder, spezieller: "Du hast es doch gut: So viele dunkelhäutige Schauspielerinnen gibt es ja nicht, da ist die Konkurrenz um Rollen nicht so groß." Welche Rollen eigentlich? Die Hauptrollen in Fernseh-Dramödien können nicht gemeint sein. Oder schon mal eine Afrodeutsche gesehen als frisch geschiedene Vorstadtmutter, die außerdem gerade ihren Job verloren hat und am Ende aber doch noch ihr Glück findet? Wenn es überhaupt Rollen gibt, dann: Migrantin, Asylbewerberin, Afrikanerin.
All das ist Cynthia Micas nicht. Sie kann diese Figuren trotzdem spielen, es ist schließlich ihr Beruf. Doch genauso gut kann sie eine normale Deutsche spielen. Das liegt ihr deutlich mehr. Wegen: Lebenserfahrung, Selbstverständnis, Prägung, Identität. Es sehen nur viele anders, nach wie vor. Deshalb dieser halbstündige Wutschrei.
Afrodeutsch, WDR 3, 19.04 Uhr.