Comedy:Ohne Witz

Shapira Shapira

Moderator und Satiriker Shahak Shapira.

(Foto: Moritz Künster/ZDF)

Nette Stand-Up, maue Sketche und plötzlich eine Therapiesitzung: Am besten ist Shahak Shapiras neue ZDFneo-Sendung, wenn er nicht mehr lustig sein will.

Von Theresa Hein

Es hatte so gut angefangen. Zu Beginn seiner neuen Show Shapira Shapira diesen Dienstagabend sucht Comedian Shahak Shapira Rat bei Kolleginnen und Kollegen. Serdar Somuncu empfiehlt, er solle in SS-Uniform auftreten. Felix Lobrecht sagt, er brauche nur den richtigen Pullover. Hazel Brugger sagt: "Ich würd's lassen." Dann kommt Shapira (ohne Uniform) auf die Bühne und spricht über seinen Geburtstag. Darüber, dass er jetzt 31 ist und es seither leicht sei, über Jüngere Witze zu machen. Der Weg zu mürben Kalauern ist da kurz, aber Shapira biegt rechtzeitig ab und erklärt einem jungen Mann im Publikum, wer Christina Aguilera war. Wie sehr die Sängerin ihn als jungen Menschen verwirrte, etwa weil sie eine Hose trug, die da aufhörte, wo Hosen eigentlich Sinn ergeben.

Shapira kann das so sagen, dass es lustig ist, und man möchte sich zurücklehnen und sich fühlen, als säße man vor einer Berliner Bühne, man möchte ihm hölzerne Überleitungen verzeihen - ist ja seine erste eigene Sendung. Aber dann kommt der erste Sketch. Und damit die Fremdscham.

Shapira mimt zum Beispiel einen schmierigen Verkäufer, der ein Pärchen mit angeblichen Vintage-Artikeln betrügt. Pointe: Er will den Düsseldorfern - Brustbeutel, Brille, falscher Berliner Dialekt - einen Leichensack als Chaiselongue andrehen. Hm. Dann spielt er den geltungssüchtigen Sohn einer Familie, der das Coming-out des Bruders versaut, indem er sagt, er sei auch schwul. Das Wort "Schwulsex" fällt häufig. Lustiger macht das nichts. Schlagartig richtig gut wird die Show erst, als Shapira aufhört, witzig sein zu wollen.

Plötzlich spricht er von seiner Traurigkeit. Jemand lacht, Shapira sagt: "Nee, nee, das ist kein Witz!" Stille. "Es ist immer eine Überlegung als Künstler: Wie viel will man von sich preisgeben?", sagt er. "Und ich hab mir gedacht: Hey, warum nicht alles?" Dann zeigt er Mitschnitte aus seiner Psychotherapie, in der er, Patient, nicht Comedian, auf der Couch sitzt.

"Nichts, was ich mache, macht mich glücklich", hört man ihn sagen. Er erzählt davon, dass er dachte, es würde besser werden. "Und ich merke mittlerweile, dass es nicht passieren wird." Er spricht von der Zeit, bevor er als Künstler bekannt wurde. Davon, wie er sich isolierte. Was Shapira erzählt, erinnert an das, was man von vielen Menschen hört, die über ihre psychischen Probleme sprechen. Nur dass hier einer erzählt, von dem man 30 Minuten lang Gags erwartet hat.

Anschließend ruft Shapira "Stimmuuung" in die betretene Stille im Saal. "Ich glaube, viele Menschen sind nicht offen für eine Therapie und ich dachte, wenn ich zeige, wie ich das mache, dann sind andere ein bisschen offener dafür", sagt er. Es klingt, als meine er das wirklich so. Kunst kann ja genau dadurch Kraft entwickeln, dass sie das Private öffentlich macht. Shapira weiß das. Und er findet den passenden Ton. Es gelingt ihm, Resonanz da zu erzeugen, wo das Thema womöglich besser sitzt: nicht im Zwerchfell, sondern in der Magengrube.

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